

Der Papst hat Plattfüße und früher tanzte er gern Tango
Tessa Szyszkowitz in FALTER 3/2025 vom 17.01.2025 (S. 24)
Eine Autobiografie, sagt der Autor, ist eine Art Reisetasche. Denn die "Hoffnung ist die Spannung, die Erinnerung und Utopie verbindet". So beginnt der Papst seine Autobiografie mit dem Untergang der Mafalda, der italienischen Titanic, die 1927 auf dem Weg von Genua nach Buenos Aires sank. Seine Großeltern hatten Fahrkarten für das Schiff. Sie traten die Reise aber erst zwei Jahre später an. So wurde Papst Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, Argentinier.
Er ist der erste Papst seit Gregor III. im achten Jahrhundert, der nicht gebürtiger Europäer ist. Franziskus besitzt aber wegen seiner Abstammung auch die italienische Staatsbürgerschaft. Seine Großmutter kochte die gleiche Pasta wie zu Hause einfach weiter, weshalb ihrem Enkel später der Umzug nach Rom in den Apostolischen Palast zumindest kulinarisch nicht schwerfiel.
Warnung vor Populisten Die Autobiografie, die gemeinsam mit dem ehemaligen Sachbuch-Lektor des Mailänder Verlages Sperling &Kupfer Carlo Musso verfasst wurde, erscheint am 14. Jänner gleichzeitig in achtzig Sprachen. Ursprünglich sollte sie nach seinem Tod erscheinen. Doch jetzt hat der 88-jährige Papst 2025 als heiliges Jahr der Hoffnung ausgerufen, da passte das Buch gut ins Programm.
Migration und Krieg sind für Franziskus zentrale Themen, nicht nur in seiner Autobiografie. "Auch Klimawandel und Armut sind zum Teil die schlimme Folge eines brutalen Krieges, den die Menschheit erklärt hat: gegen eine gerechtere Verteilung der Ressourcen, gegen die Natur, ja gegen den ganzen Planeten."
Der Papst fordert Gerechtigkeit für die "Entwicklungsländer" ein. Und er spricht eine Warnung vor Trump &Co aus: "Die Versprechungen, die sich auf Angst gründen, vor allem auf die Angst vor dem Anderen, gehören üblicherweise zu den Predigten der Populisten. Sie sind der Beginn der Diktatur und der Kriege."
Seinen Eifer im Kampf gegen Armut nimmt man diesem Papst noch irgendwie ab, bei der Aufklärung von Missbrauch von Kindern aber wird es hart. Zu viele Kompromisse ist er bei der Aufklärung dieser Verbrechen in der katholischen Kirche eingegangen, um ihm jetzt zu glauben, wenn er schreibt: "Was Missbrauchsfälle angeht, darf nichts verschwiegen werden."
Hoffnung oder Heuchelei Bei der Frauenfrage gleitet der Papst endgültig von Hoffnung in Heuchelei ab. "Ich habe es immer wieder am eigenen Leib erfahren, dass der mütterliche Blick Marias alle Dunkelheit erleuchten und die Hoffnung wieder entzünden kann", schreibt er da. Als Kirchenoberhaupt aber hat sich dieser Papst bisher gegen die Frauenweihe ausgesprochen. Utopie? Abgesagt.
Was wir sonst noch lernen über diesen Papst? In seiner Jugend fühlte er sich zu Frauen hingezogen und ging mit ihnen Tango tanzen. Er mag Pünktlichkeit. Und er sieht wegen eines Gelübdes seit 1990 nicht mehr fern. Zu seiner Weihung fuhr er statt mit der Papst-Limousine in einem blauen Ford Focus. Im Irak entkam er einem Attentatsversuch. Und: Der Papst hat Plattfüße.
Wer gerade den Film Konklave von Edward Berger gesehen hat, der den gleichnamigen Thriller von Robert Harris verfilmt hat, sucht in "Hoffe" vergeblich nach der Beschreibung von Kleinlichkeit und Korruptheit rund um die päpstliche Wahl. Die Ausführungen des Papstes sind von Anfang bis Ende von Einem bestimmt: Alles wirklich Interessante auszulassen.