Die Alarmierten

Was Verschwörungstheorien anrichten | Der Nachfolger des Bestsellers »Nichts ist, wie es scheint«
247 Seiten, Taschenbuch
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Reihe edition suhrkamp
ISBN 9783518029923
Erscheinungsdatum 29.09.2025
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Suhrkamp
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Suhrkamp Verlag GmbH
Torstr. 44 | DE-10119 Berlin
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Kurzbeschreibung des Verlags


Spätestens seit der Coronapandemie sind Verschwörungstheorien ein Signum unserer Zeit. Je komplexer unsere Welt wird, desto mehr Menschen scheinen für ihre erklärenden Sinnangebote empfänglich. Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, hat ein ganzes soziales Netzwerk in eine Schleuder für konspirationistische Erzählungen verwandelt. Donald Trump, der mächtigste Mensch der Welt, amtiert als conspiracy theorist in chief im Weißen Haus.



Michael Butter, Bestsellerautor und einer der renommiertesten Experten für das Thema, präsentiert die Ergebnisse seiner jahrelangen Forschung. So groß die Gefahr auch ist: Eine freie und demokratische Gesellschaft darf sich nicht von der Angst vor Verschwörungstheorien beherrschen lassen und in Alarmismus verfallen. Wie Populismus sind auch sie eine Reaktion auf eine empfundene oder befürchtete Exklusion. Wer sie bekämpfen will, sollte andere nicht einfach als Schwurbler oder Leichtgläubige hinstellen. Vielmehr gilt es, die gesellschaftlichen Ursachen zu bekämpfen. Inklusion und Teilhabe, so Butter, stellen den wirksamsten Schutz gegen Hetze und Unwahrheiten dar.


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FALTER-Rezension

Schlafschafe und Aufgewachte

Robert Misik in FALTER 42/2025 vom 15.10.2025 (S. 31)

Das Grassieren von Verschwörungstheorien wird heute meist angeprangert, häufig aber wird übersehen, warum sie in manchen Kreisen populär sind. Verschwörungstheorien sind entlastend, weil es in ihnen keinen Zufall mehr gibt. Verschwörungstheorien sind auch Formen, mit einer komplexen, unübersichtlichen Welt umzugehen. Was immer geschieht, es lässt sich zumindest erklären. Es gibt Täter, Hintermänner, die die Fäden ziehen. Wer in der realen Welt „nicht weiß, wie ihm geschieht“, der weiß in der Fantasiewelt der Konspirationstheorie genau, was geschieht. Verständlich, dass das attraktiv sein kann.

Der Amerikanist und Kulturhistoriker Michael Butter hat schon vor Jahren mit „Nichts ist, wie es scheint“ ein Standardwerk zum Thema vorgelegt und die Grundpostulate der Verschwörungstheorien zusammengefasst: dass die echte Wahrheit hinter dem Schein verborgen liege, „alles ist geplant“, oder „alles ist miteinander verbunden“.

Seither ist viel geschehen. Die Corona-Jahre waren eine Hochzeit der Verschwörungstheorien; Rechtsextremisten behaupten, sinistre Fädenzieher würden einen Plan zum „Großen Austausch“ weißer Bevölkerungen verfolgen.

Butter legt jetzt mit „Die Alarmierten“ nach. Dabei geht er mit den Verschwörungstheorien so liebenswürdig und verständnisvoll um, dass es sich streckenweise sogar wie deren Verteidigung liest.

„Verschwörungstheorien behaupten, dass mächtige Akteure hinter den Kulissen einen perfiden Plan verfolgen und ihn Schritt für Schritt in die Tat umsetzen“, konstatiert er, fügt aber hinzu: Wird etwas eine Verschwörungstheorie genannt, ist das „hochgradig stigmatisierend“. In umfangreichen Passagen verteidigt er den Begriff „Verschwörungstheorie“ gegen Versuche, diese Vokabel durch „Verschwörungsmythen“ oder andere Nomenklaturen zu ersetzen.

Natürlich haben Verschwörungstheoretiker eine „Theorie“ im Kopf, die versucht, „die Welt zu verstehen“. Deshalb spricht für Butter viel dafür, bei diesem Begriff zu bleiben. Er hat nicht völlig Unrecht, wenn er darauf hinweist, dass die Grenze zwischen Verschwörungstheorien und etwa kritischer Gesellschaftstheorie fließend ist. Auch Letztere operiert nie nur mit Fakten, sondern ordnet die Fakten zu einer Weltdeutung. Auch kritische Gesellschaftstheorie ist insofern ein Gedankengebäude, also eine Kopfgeburt. Auch sie ist misstrauisch gegenüber Macht und Herrschaft, sonst wäre sie nicht kritisch. Sie schlägt also einen Tonfall an, „der derjenigen von Verschwörungstheorien mitunter ähnelt“.

Verschwörungstheorien haben aber ein paar Charaktereigenschaften, die sie regelrecht betörend machen. Sie haben einen „perfekten Plot“, der wie ein guter Krimi sogar Vergnügen bereiten kann.

Oft sind Verschwörungstheorien heute keine Folge von Unwissen, sondern von einem Übermaß an Wissensangebot, das es erschwert, richtig von falsch, akkurat von unrichtig zu unterscheiden. Diese „epistemische Überforderung“ macht anfällig für Paranoia, schreiben auch Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey in ihrem eben erschienenen Buch „Zerstörungslust“. Der zeitgenössische Verschwörungstheoretiker glaubt nicht an simple Märchen, er sammelt scheinbare Fakten, Indizien, verbringt Stunden im Internet, eignet sich massenweise Zeug an, das er für verborgenes, verheimlichtes Wissen hält.

Das führt dazu, dass sich Verschwörungstheoretiker als besonders „Wissende“ empfinden können. Gern sehen sie sich als die „Aufgewachten“, die hinter den Schleier blicken, ganz anders als die „Schlafschafe“, die den „herrschenden Meinungen“ glauben. Das verleiht ihnen einen regelrechten Stolz, also ein gutes Gefühl. Da sie sich üblicherweise mit anderen „Aufgewachten“ zusammentun, entsteht gleich ein Gemeinschaftsgefühl dazu, was eine weitere positive Emotion ist.

Butter relativiert viele intuitive Annahmen, etwa dass der Glaube an Verschwörungstheorien in den letzten Jahren zugenommen habe: Zumindest in Deutschland sei das nicht der Fall.

Auch seien Verschwörungstheorien heute stärker stigmatisiert als früher, als der Verschwörungsverdacht ein beliebter Volkssport war („Wer Kennedy wirklich ermordete“). Zumindest in Mittel- und Westeuropa sind sie so diskreditiert, dass selbst rechtsextreme Politiker sie nur verbrämt verbreiten können, etwa indem sie Signalworte senden.

Anhänger von Verschwörungstheorien können selbst zu Verschwörern werden, wie etwa die Terrorzelle der Reichsbürger, die gegenwärtig in Deutschland vor Gericht steht.

Noch paradoxer: Selbst Gegner von Verschwörungstheorien können zu Verschwörungstheoretikern werden, etwa wenn sie davon überzeugt sind, „eine Gruppe mächtiger und zynisch agierender Manipulator*innen“ würde gezielt Falschinformationen in die Welt setzen. Kritik an Verschwörungstheorien läuft immer Gefahr, meint Butter, „die konspirationistische Weltsicht zu spiegeln“.

Andererseits gibt es ja manchmal auch tatsächlich eine Verschwörung, oder deren kleine Schwester, die sinistre, skrupellose Absicht, mit Desinformation Menschen aufzuhetzen. Die Beobachtung ist aber auch nicht falsch, „dass uns konspirationistische Ideen vor allem dann stören, wenn sie von ‚den Anderen‘ kommen“.

Das ist auch der tiefere Doppelsinn von Michael Butters Titel „Die Alarmierten“. Alarmiert sind heute alle. Die Anhänger der Agitatoren, die Empörungsbewirtschaftung betreiben – genauso wie deren entschiedene Gegner. Das ist alles nicht unrichtig und klug beobachtet, mitunter stellt sich aber auch das Empfinden einer falschen Balance ein.

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