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Kurzbeschreibung des Verlags
Burnout ist ein Modethema, selbst »Burnout ist ein Modethema«-Artikel sind inzwischen in Mode. Dennoch wirft Burnout wichtige zeitdiagnostische Fragen auf, mit denen sich renommierte Sozialwissenschaftler wie Ulrich Bröckling, Rolf Haubl, Sighard Neckel und G. Günter Voß in diesem Band befassen: In welchem Zusammenhang stehen der Wandel der Arbeitswelt und kollektive Erschöpfung? Ist Burnout eine »erfundene« Krankheit? Welche Rolle spielen Prominente, die sich »geoutet« haben? Und warum findet gerade das Bild des leeren Akkus solche Resonanz?
"Noch jemand ohne Burnout?" titelte die Zeit im Dezember 2011 auf "frech" und illustrierte die Coverschlagzeile mit einem Dutzend Zündhölzer – elf davon abgebrannt. Dem hier nahelegten Verdacht, es könnte sich bei dem vieldiagnostizierten Phänomen um eine Art "Modekrankheit" handeln, wird in dem vorliegenden, von zwei Frankfurter Soziologen herausgegebenen Sammelband u.a. durch einen historischen Abriss über Belastungspathologien der Moderne nachgegangen.
Die Metaphorik des Ausgebranntseins wird anhand der Bilder vom verkohlten Streichholz, vom entleerten Akku und vom ewigen Hamsterrad analysiert, und Ulrich Bröckling zeigt in seinem Beitrag sehr schön, wie durch ständige "Bildbrüche im Metapherngestöber" zwischen Apokalypsebefund und Therapiepragmatik geswitcht und schließlich "ausgerechnet die konsequente Ökonomisierung des Verhältnisses zu sich selbst" als Antidot "gegen die Zumutungen radikal vermarktlichter Arbeitsverhältnisse" angepriesen wird.
Der in die USA emigrierte deutsche Psychologe Herbert Freudenberger (1926–1999) hatte das Phänomen 1974 in einem Aufsatz über "Staff burn-out" zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben, das der WHO bis heute nicht als Krankheit gilt. Als Label für eine "soziale Pathologie", die in der Nachbarschaft zum marxistischen Entfremdungsbegriff angesiedelt ist, wird sie dennoch zu einer "sprechenden Krankheit" und verändert als Klassifikation qua "Loopingeffekt" die Klassifizierten.
In ihrem abschließenden Beitrag integrieren die beiden Herausgeber "Burnout" auf nur vordergründig paradoxe Weise in Joseph Schumpeters Theorie der "schöpferischen Zerstörung": Ein seinerseits erschöpfter Wachstumskapitalismus benötige eben nicht mehr den von Schumpeter beschriebenen Unternehmertyp des "ganzen Kerls", sondern einen, "der sich durch die Implosion seiner bisherigen Antriebsmuster frei macht für neuartige Formen der Subjektivierung veränderter ökonomischer Muster".
Was für eine Aussicht: Heute ausgebrannt, ist man morgen vielleicht schon Leitfigur des neuen "Nachhaltigkeitskapitalismus".