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Kurzbeschreibung des Verlags
Wenn ein neues Smartphone auf den Markt kommt, bilden sich frühmorgens Schlangen vor den palastartigen Shops. Das zeigt, dass es heute nicht nur um den Gebrauchswert einer Ware geht (dass man mit einem solchen Gerät telefonieren oder im Internet surfen kann), sondern auch um das, was Gernot Böhme als ihren »Inszenierungswert« bezeichnet. Die Inszenierung von Produkten und Lebensstilen ist ein zentrales Merkmal des ästhetischen Kapitalismus, dessen Erscheinungsformen Böhme nachspürt. Indem er sich mit der Ideologie des Wachstums, der Soundlandschaft in Shoppingcentern und dem Zusammenhang von Leistungsideologie und Konsum befasst, leistet er einen wichtigen Beitrag zu einer Rekonstruktion und Erweiterung der Theorie der Kulturindustrie auf den Bereich des Wirtschaftslebens.
Gernot Böhme, der Grandseigneur der Ästhetischen Theorie, denkt über „ästhetischen Kapitalismus“ nach. Seine auf Marx, Adorno und Baudrillard fußenden Begriffe werfen ein grelles Licht auf ein System, das nur noch von „Surplus-Konsum“ gestützt wird. Das bedeutet: Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, mit Geld, das wir nicht haben, und halten das für normal und vernünftig.
So weit, so anerkannt, so langweilig. Böhmes Kraft liegt in der Kunst der Differenzierung. Für ihn erfüllt unser Konsum schon lange keine Bedürfnisse mehr, sondern antwortet auf produzierte „Begehrnisse“, die durch ihre Befriedigung nur intensiviert werden. Das ist kühn auf das Subjekt hin gedacht und führt zu einer Erkenntnis, die Marx zur Ehre gereicht hätte: „Der Mensch transformiert sein System der Bedürfnisse, um den Anforderungen kapitalistischer Entwicklung, d.h. eines immer weiter fortschreitenden Wachstums zu entsprechen.“
Die Ideologie des Wachstums atomisiert Böhme mithilfe des physikalischen Leistungsbegriffs im stärksten Teil des Buches mit sowohl sparsamen als auch eleganten Argumenten. Mit wenigen Leitlinien erklärt er Erstaunliches: den Zusammenhang von Burn-out, Freizeitstress und Zinspolitik.
Die Rückbindung an die brillante Einleitung funktioniert in der zweiten Hälfte zusehends schlechter, etwa in den Analysen zur Warenästhetik und Architektur, wo Böhme hinter die heuristische Kraft seiner Begriffe zurückfällt. Das ist auch dem Format geschuldet: Bei den Kapiteln handelt es sich um Aufsätze, die zwischen 2001 und 2012 entstanden sind.
In einem Kapitel zu Adorno versucht Böhme trotz Kritik mehr zu retten, als zu retten ist. Helden stößt man eben nicht vom Podest. So erhebend es ist, mit Böhmes eleganter Sachlichkeit mitzudenken, so quälend sind die zwar angelegten, aber nicht ausgeführten Fluchtlinien. Die Feststellung, dass der Repräsentationszwang qua eigener Homepage der Logik der Warenästhetik folgt, ist für einen 2004 entstandenen Textteil visionär. 2016 hätte ein Weiterdenken in Richtung Smartphone und Social Media notgetan.