

Sebastian Kiefer in FALTER 28/2009 vom 10.07.2009 (S. 17)
Trainiert ein Athlet in großen Höhenlagen, vermehren sich seine roten Blutkörperchen. Erreicht man dieselbe Wirkung durch Bluttransfusionen, nennt man sie Doping, weil sie etwas "von außen" in den Körper einbringt. Das Gendoping unterläuft diese herkömmliche Trennung, denn Gene zählen zum "Inneren" des Athleten. Gentechnik reißt alte Grenzen ein, das erzeugt Unsicherheit und Ängste. Dass sie ungleiche biologische Startchancen ausgleichen könnte, interessiert kaum.
Jahrhundertelang wurden fremdgezeugte Kinder in eine Sippe integriert; heute verbieten viele Staaten das Zeugen von Embryos per Leihmutter – und berufen sich auf eine "Natürlichkeit", die hoch konstruiert und normativ ist. Gene gelten als "ein säkulares Äquivalent der Seele" – die nicht von der DNA abhängigen Faktoren der Vererbung werden einfach ausgeblendet, obwohl wir sie zunehmend genau nachweisen können.
Grenzen fallen, die Organisationsstrukturen von Demokratie, Moral und Wissen verändern sich, globale Konzerne treiben die Forschung voran, Bürgerinitiativen und Wertekomitees bilden neue, demokratische Gegenöffentlichkeiten. Die Autoren bieten eine Fülle neuer Perspektiven auf diese unsere fließende Welt – die Umständlichkeit der Terminologie und des Aufbaus nimmt man dafür gerne in Kauf.