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Kurzbeschreibung des Verlags
Seine Position als zentrales organisierendes Thema der Biologie des 20. Jahrhunderts verdankt ‚das Gen’ weniger endgültigen wissenschaftlichen Befunden als vielmehr der Tatsache, daß der ihm entsprechende Forschungsgegenstand, sein ‚epistemisches Objekt’ also, sich Zug um Zug instrumentell vermittelter, experimenteller Handhabung erschloß.
Mit der Komplettierung der Sequenzen ganzer Genome, insbesondere des Humangenoms, ist die Genetik – als Wissenschaft ein Kind des 20. Jahrhunderts – erneut an den Rand eines grundlegenden Denkwandels getreten. Vielfach werden Stimmen laut, die den Genbegriff zu Gunsten systemischer Perspektiven in Frage stellen oder gar ganz aufgeben wollen. Auf der anderen Seite treten überwunden geglaubte Denkfiguren wie die Vererbung erworbener Eigenschaften oder die Einteilung des Menschen nach ‚Rassen’ wieder in das Blickfeld wissenschaftlicher und medizinischer Debatten. Um den Gegenwartshorizont des Genetischen angesichts dieser verwirrenden Situation abzustecken, ist eine historische Standortbestimmung angebracht. Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass ‚das Gen’ das zentrale organisierende Thema der Biologie des 20. Jahrhunderts war. Ein Blick auf die Geschichte der Genetik und Molekularbiologie zeigt jedoch, dass es nie eine allseits akzeptierte Definition des Gens gegeben hat. Vielmehr befand sich der Begriff, und dies ist keineswegs untypisch für historisch einflußreiche wissenschaftliche Begriffe, immer im Fluß.
Das Buch ist so eckig geschrieben, wie es der Titel befürchten lässt – und handelt von etwas anderem. Höchst lesenswert ist es dennoch – allerdings nicht für Einsteiger. Diese sollten vorbereitend zu E.P. Fischers "Geschichte des Gens" (2003), einem Meisterstück didaktischer Kunst, greifen. Denn genau darum geht es: um die "Geschichte des Gens", das heißt, um die Geschichte seiner Deutungen und Konstruktionen. Seit den 90er-Jahren etwa beobachtet man, dass kleine, durch Umwelteinflüsse hervorgerufene Veränderungen im Genotyp, der über Generationen hinweg beständigen Erbsubstanz, enorme Unterschiede im Phänotyp, der konkreten Erscheinungsform, hervorbringen können. In diesem Zeitalter der "Postgenomik" ging man dazu über, die Zelle als sich selbst organisierendes Gesamtsystem in seiner Umwelt zu erforschen, nicht als Motoren und autokratische Steuerzentralen, sondern möglicherweise späte Produkte jeder Entwicklungsstufe. Das ebenso steril wie kompetent geschriebene Buch stellt die gar nicht sterile Vorgeschichte dieser Sicht dar, ihre Entdeckungen und Illusionen.