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Kurzbeschreibung des Verlags
Steckt womöglich ein grundsätzlicher Fehler im Konzept des Naturschutzes? Natur ist ihrer Natur nach veränderlich. Das aktive Konservieren eines bestimmten Zustands stellt daher auch einen Eingriff in den Naturhaushalt dar. Viele Eingriffe haben „mehr Natur“ geschaffen, als vorher vorhanden war. Städte sind artenreicher als manche Flächen in der „freien Natur“. Viele Arten breiten sich aus, andere schwinden und verschwinden. Trotz Naturschutz! Fremde Arten siedeln sich an. Der Naturschutz will sie nicht haben, schützt aber viele Arten, die Fremdlinge von früher sind. Das momentane Vorkommen seltener Arten wird als Waffe gegen Baumaßnahmen benutzt. Siedeln sich solche aber auf bebautem Gelände an, gibt es dafür keine Kompensation. Der Naturschutz zieht über „Ausgleichsmaßnahmen“ zusätzliche Steuern ein und wirkt mit seinen Vorbehalten oder Einschränkungen als massives Hindernis für die Forschung. Kurz: Josef H. Reichholf analysiert die gegenwärtige Situation und entwirft einen „zukunftsfähigen Naturschutz“.
»Die Natur braucht Schutz. Aber geschützt werden soll sie möglichst woanders, nicht hier! Warum hat die gute Sache Naturschutz ein so schlechtes Image? Einschränkungen werden doch in vielen Bereichen akzeptiert. Im Naturschutz hält man sie hingegen für überzogen, unnötig oder wirtschaftlich nicht hinnehmbar. Wem also nützt der Naturschutz? Der Natur selbst offenbar gar nicht immer so sehr, denn sie verharrt nicht im Zustand, in dem sie in Schutz genommen wurde.«
Im heurigen Jahr der Biodiversität, wo viele Kampagnen und Projekte Beiträge zum Schutz der Arten- und Lebensraumvielfalt liefern, kommt dieses Buch mit einem kritischen Essay zum Naturschutz gerade zur rechten Zeit. Mit präzisen Analysen und basierend auf seiner umfassenden Kompetenz als Universitätsprofessor, Leiter an der Münchner Zoologischen Staatssammlung und Autor zahlreicher Fachbücher zu Evolution und Ökologie legt Josef Reichholf die Schwachstellen der bestehenden Politik offen. Dies sehr zum Ärger mancher traditioneller Naturschützer, die unreflektiert immer länger werdende Listen bedrohter Tierarten verwalten und dynamische Ökosysteme durch Konservierung mit der Käseglocke erhalten wollen.
Reichholf führt auch den fachfremden Leser in angenehmer, niemals belehrender Weise durch die verschiedenen Aspekte und Probleme des aktuellen Natur- und Artenschutzes und macht dabei auch keinen Bogen um scheinbar einfache Fragen: Warum werden Lebewesen überhaupt geschützt? Gibt es "gute" Arten, und wenn ja, wer bestimmt darüber? Ein Beispiel zeigt die Widersprüche: In Deutschland wie in Österreich sind alle Singvögel geschützt, gefährdet ist aber nur ein Fünftel der Arten. Amseln, Finken und Stare kommen in großer Zahl und flächendeckend vor. Krähen und Elstern sind zwar auch Singvögel, doch viel seltener. Dennoch werden sie aufgrund von Ausnahmegenehmigungen zu Hunderttausenden abgeschossen.
Noch krasser wird das Missverhältnis, wenn Naturfreunde Naturschutzgebiete nicht mehr betreten, Angler hingegen in "rechtmäßiger Ausübung der Fischerei" mit ihren Booten in die Brutzonen der Wasservögel fahren dürfen. Was sind "gebietsfremde" Arten, und welche Lebewesen dürfen bleiben? Macht es Sinn, Naturzonen wie Denkmäler zu schützen, oder entspricht es nicht eher der Dynamik von Lebensräumen, dass diese sich verändern? Wann wird die Ökologie zur Lebenseinstellung Ökosophie?
Fragen, auf die Reichholf unkonventionelle Antworten gibt und die wichtig sind, um den Naturschutz aus der Ecke des dumpfen Heimatschutzes zu führen.