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Kurzbeschreibung des Verlags
Kaum jemand hat sich intensiver mit den Mechanismen und Medien nationalsozialistischer und faschistischer Propaganda auseinandergesetzt als Siegfried Kracauer. Den Propagandafilm beschreibt er etwa als Versuch, die Tatsache zu kaschieren, daß seine Wirklichkeit einzig die von Potemkinschen Dörfern ist: eine Hülle ohne jede Tiefe. Auch in seiner großen, zu Lebzeiten unpublizierten Studie Totalitäre Propaganda ist die Wirklichkeit reiner Schein, der aber, um nicht als solcher enthüllt zu werden, auf Dauer gestellt werden muß. Totalitäre Propaganda ist ein Meisterwerk ihres Genres und erscheint hier erstmals mit zusätzlichen, bisher unveröffentlichten Dokumenten, u. a. der von Theodor W. Adorno erstellten gekürzten Fassung.
Mussolinis Faschisten mussten sich immer wieder gegen den Vorwurf wehren, sie hätten keine politischen Ziele, sie seien eine inhaltsleere Bewegung. In einem Interview antwortete der noch nicht an die Macht gekommene Duce auf diese Kritik: "Das Regierungsprogramm des Faschismus ist sehr klar: Wir wollen an die Regierung."
Mit dieser brutalen Ehrlichkeit ist auch das monumentale Werk "Totalitäre Propaganda" von Siegfried Kracauer grob, aber gut umrissen. Kracauer beschäftigte sich nicht mit dem bösartigen Eigenbrötlertum der Nazis, sondern mit ihrem Weg an die Macht. Der 1933 aus Deutschland geflohene Autor verfasste seine Schrift zwischen 1936 und 1938, sie wurde aber aufgrund von Streitereien (mit Adorno) und widriger Umstände erst jüngst veröffentlicht.
Das Buch bereitet Unbehagen. Die Nazis erscheinen darin nicht als Wahnsinnige, sondern als kalkulierende Nihilisten, als zynische Weltkriegsveteranen, denen es nie um Inhalte ging, sondern immer nur um die Durchsetzung ihres Willens zur Macht. (Hitler: "Propaganda, Propaganda, es kommt nur noch auf Propaganda an.")
Und besagte Propaganda bezog sich bei den Nazis nicht zufällig auf einen sozialistischen Deutschnationalismus. Für ihre Herrschaft brauchten sie einen allumfassenden Machtapparat, dessen Voraussetzung ein nationaler Schulterschluss war. Diese "nationale Erziehung der Massen", schrieb Hitler schon in "Mein Kampf", kann "nur über den Umweg einer sozialen Hebung stattfinden". Mit Sozialpolitik und Kriegskeynesianismus gewann Hitler die Kleinbürger.
"Einheit der Nation im Dienst der Machtgewinnung: das ist die Maxime, nach der die Nazis verfahren", schreibt Kracauer. (Goebbels: "Überall ertönt das Kampfgeschrei, die Katholiken, Protestanten, die Bayern, die Preußen, die Bürger, die Proletarier. Man muss ja zur Meinung kommen, es leben in Deutschland keine Deutschen mehr.") Das Deutschland-Gedöns war für die Nazis nach Kracauer nur ein Werkzeug, mit dem sie das Land gleichschalteten und ihren militanten Nihilismus verbargen.