Hinter der Blechwand

Roman
349 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783518422540
Erscheinungsdatum 19.09.2011
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Suhrkamp
Übersetzung Renate Schmidgall
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HerstellerangabenAnzeigen
Suhrkamp Verlag GmbH
Torstr. 44 | DE-10119 Berlin
info@suhrkamp.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

In einem alten Lieferwagen klappern Wladek und Pawel die Märkte und Basare Südosteuropas ab. Bis vor kurzem sind sie ihre Second-Hand-Klamotten aus »Paris-London-New York« ohne Probleme losgeworden. Doch neuerdings tauchen zwischen Blech, Beton und schmutzigen Glasscheiben farbenfrohe Häuserblocks auf: malerische Hieroglyphen preisen Textilien aus China zu Dumpingpreisen an. Als Wladek sich in die Kartenverkäuferin eines slowakischen Wanderrummels verliebt, werden die beiden Freunde unversehens in das kriminelle Treiben von Menschenschmugglern hineingezogen. Was wie eine melancholisch-meditative »road novel« begann, entwickelt sich zu einer rasanten Verfolgungsgeschichte, in der es nicht mehr um gefälschte chinesische Westwaren, sondern um Leben und Tod geht.
Andrzej Stasiuk hat einen Roman der Gegenwart und der Zukunft geschrieben – wie die Globalisierung über den Osten hereinbricht und ihn verwandelt. Szenen von verstörender Grausamkeit, Episoden von inständiger Zartheit, ein Abgesang auf den europäischen Kontinent: in dieser Melange liegt der Reiz seines neuen Buches. Die meisterhaft gezeichneten Landschaften im Abendlicht der Geschichte bilden den Hintergrund einer Erzählung vom materiellen und moralischen Zusammenbruch einer ganzen Lebenswelt.

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ISBN 9783518422540
Erscheinungsdatum 19.09.2011
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Suhrkamp
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FALTER-Rezension

Zum Volltanken fehlt es an Sprit

Sigrid Löffler in FALTER 41/2011 vom 14.10.2011 (S. 24)

Andrzej Stasiuk hat mit "Hinter der Blechwand" den ultimativen Karpatenroman geschrieben

Er ist der Chronist der "Welt hinter Dukla", einer trägen, schläfrigen, vormodernen Welt, die sich abgehängt und unwirklich vorkommt. Seit 20 Jahren lebt der Erzähler, Essayist und Reiseschriftsteller Andrzej Stasiuk im hintersten, äußersten Südzipfel Polens, im Karpatenvorland nahe dem Duklapass, einem Territorium, in dem fünf Länder aneinanderstoßen. Jede Ortschaft, jedes Kaff ist irgendwo grenznah. Diese Region, die ärmste und rückständigste Europas, ist Stasiuks literarisches Projekt. Er protokolliert ihre Agonie.

In zahllosen Reiseskizzen, Essays und Geschichten hat er realistische Bilder aus dem imaginären Alltagsmuseum der Karpatenländer und Porträts ihrer Menschen entworfen und die schwachen Städte beschrieben, die zu verschwinden scheinen, sobald man wegschaut. Stasiuk beharrt darauf, diese Region Mitteleuropa zu nennen – die Karpaten seien das Rückgrat Mitteleuropas, wo sich weiter Raum und sehr alte, archaische Zeit miteinander verbinden und der Wohlstand nur die Form kleinerer oder größerer Armut hat.
"Gürtel der gemischten Völkerschaften" nannte Hannah Arendt diese uneinheitlichen, amorphen Gebiete irgendwo zwischen Deutschland und Russland, wo Polen, Slowaken, Ungarn, Rumänen, Ukrainer, Weißrussen, Moldawier, Deutsche und auch Türken leben, die umtriebigen, internationalen Roma nicht zu vergessen. Dass diese Region zur EU gehört, wird nicht nur in Brüssel gerne ausgeblendet.
"Der Westen betrachtet den Rest des Kontinents als misslungene Kopie seiner selbst", schreibt Stasiuk in seinen Reiseessays. Und: "Wir sind fremd in Europa, wir kommen von außen, aus Ländern, die Europa eher als Bedrohung denn als Teil seiner selbst empfindet."
Der Osten übernimmt vom Westen nur das Vulgärste und Schäbigste, die Gebrauchtwaren, den Wegwerfkram und den ausrangierten Schrott, und wird so zur Mülldeponie, zum Zerrspiegel, zur Karikatur des Westens. "Nicht ausgeschlossen", spekuliert Stasiuk, "dass unsere kontinentale Mission die Deformation eurer Errungenschaften ist, ihre Zersetzung, groteske Verwandlung und Parodie, die ihnen das Leben verlängert."
Dass der Westen diesen Teil des Kontinents ohnehin eher als literarische Fiktion betrachtet, ist für den Autor Stasiuk eine ideale Situation. Er kann über diese Region die unwahrscheinlichsten Geschichten erzählen, die trotzdem wahr sind, auch wenn sich keiner die Mühe macht, sie zu verifizieren. 20 Jahre Erfahrung, Beobachtung, Nachdenken und Spekulation sind nun in Andrzej Stasiuks neuen, seinen fünften Roman eingeflossen und bündeln sich zum ultimativen Karpatenroman.
"Hinter der Blechwand" ist ein großer Abgesang auf die Welt hinter Dukla, auf ihre Gewohnheiten und Unarten, ihre Hirngespinste, ihre Traumata und ihr trostloses Weiterfretten angesichts der seit Urzeiten unzerreißbaren Kette von Niederlagen, Enttäuschungen und Misshandlungen. Was Stasiuk hier zeichnen will, sind "Bilder eines sanften, schmerzlosen Untergangs". Noch einmal festgehalten werden soll die schwindende Erinnerung an die alten Dinge und alten Zeiten, während sich das Fünfländereck an der Peripherie Europas immer mehr in den Schrottplatz der globalisierten Warenwelt verwandelt.

Durch diese vergessenen Provinzen der Armut tingeln Pawel und Władek. Mit ihrem schrottreifen Kleinlaster klappern sie die Straßenmärkte der Grenzregionen und die abseitigsten Käffer ab, um Secondhand-Klamotten aus dem Westen zu verramschen. Sie fühlen sich als "Könige des Plunders", auch wenn es höchstens zu einem Besäufnis pro Woche und nie zum Volltanken reicht, sei's Benzin oder Alkohol. Der Ich-Erzähler Pawel ist der Chauffeur, sein Partner Władek ist der geschäftige, umtriebige, findige Fetzentandler, ein Mann der tausend abenteuerlichen Geschichten, deren Wahrheitsgehalt unüberprüfbar bleibt.
Doch die Zeiten ändern sich. Statt der Ukrainer übernehmen die Bulgaren den Großhandel mit Gebrauchtwaren und Gerümpel aus Westeuropa. Die Chinesen schließen die Region an den globalen Konfektionskosmos an und überschwemmen den Markt mit Wegwerfkram und gefälschten Markensachen, die zwar nach Einmalbenützung zerfallen, aber billiger sind als Pawels und Władeks gebrauchter Plunder, und zudem neu. Als Władek sich auf einem Jahrmarkt in eine junge Kartenabreißerin verliebt und sie loskaufen will, geraten die beiden Kumpel auf gefährliches Terrain, in den kriminellen Aktionsbereich von Strippenziehern beim Menschenhandel.

Sie lassen sich darauf ein, hinter der Blechwand ihres Kleinlasters Menschen aus Asien nach Europa zu schmuggeln. Sie lernen: "Menschen, ob neu oder gebraucht, sind das Geschäft der Zukunft. Nutten und Heroin, das ist die Zukunft der Welt." Dieser Welt sind sie nicht gewachsen, auch wenn sie sie noch einmal austricksen können. Mit seinem Geschwätz und seiner kurzatmigen Hektik kann Władek die Niederlage allenfalls hinausschieben.
Die längste Zeit schützt Andrzej Stasiuk den kaltschnäuzig-munteren Ton einer Road Novel vor. Er beschreibt die so panischen wie kopflosen Zickzackfahrten seiner beiden fliegenden Händler als rasenden Stillstand. Im letzten Romandrittel beschleunigt der Autor das Tempo, der Plot nimmt Fahrt auf, die Atmosphäre wird immer bedrohlicher. Wir schauen zwei Verlierern zu, wie sie noch einmal knapp davonkommen. Zum letzten Mal?

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