

Klaus Nüchtern in FALTER 26/2016 vom 29.06.2016 (S. 27)
Die in Kanada geborene und in England lebende Rachel Cusk schickt die Protagonistin ihres jüngsten Romans „Outline“, der 2015 gleich für vier Literaturpreise nominiert war, nach Athen. Dort soll die Schriftstellerin eine Schreibklasse abhalten. Ihr Sitznachbar im Flugzeug, ein Milliardär jenseits der 60, erzählt „bereitwillig aus seinem Leben“ (im Original: „had been keen to give me the outline of his life“) und die Schriftstellerin erledigt auf die promptest mögliche Weise ihren Job: Sie schreibt’s auf.
Und das ist auch schon das Prinzip dieses naturgemäß recht verbosen Romans: Wer auch immer in der Kneipe, der Klasse oder sonstwo den Mund aufmacht, wird quasi zum Co-Autor. Wobei das Auffädeln von einzelnen Erlebnissen „zum Narrativ unserer Familie“, wie’s einmal heißt, selbstverständlich kritisch reflektiert wird. Das ist alles gut beobachtet und mitunter auch atmosphärisch dicht beschrieben, aber halt auch ein bissl fad.