

Die Hoffnung stirbt zuerst
Thomas Edlinger in FALTER 12/2023 vom 24.03.2023 (S. 18)
Jidada ist der Name für ein Tierreich, das – inspiriert von George Orwells „Animal Farm“ – Züge einer politischen Farce trägt. Die seit 1999 in den USA lebende, aus Simbabwe stammende Autorin NoViolet Bulawayo arbeitet in ihrem Roman die postkoloniale Geschichte ihrer Heimat auf: Das „Alte Pferd“ ist ein Despot, der glaubt, sogar die Sonne befehligen zu können, während dessen „Erstes Waipchen“ sich dank eines als „Geschenk“ eingeforderten Doktortitels „Dr. Sweet Mother“ nennen lässt.
Der „Vater der Nation“ wird nach Jahren des Leids durch einen Staatsstreich abgesetzt, das Volk der vielen verschiedenen Tiere jubelt. Die manipulierten Wahlen bescheren aber nicht den Oppositionskräften den Sieg, sondern dem auch von der Kirche hofierten „Erlöser“ Tuvius Delight Shasha, der davor das Amt des Vizepräsidenten innehatte.
Alle zuvor gemachten Versprechungen auf „Business“ und Demokratie entpuppen sich als heiße Luft. Die alten Muster, verkörpert durch Minister für Korruption, Desinformation, Plünderung oder auch für nichts kehren in der fleißig beworbenen „Neuen Ordnung“ zurück und befeuern bald wieder die Unzufriedenheit der Massen, die nun – schon wieder – mit einer maroden Wirtschaft konfrontiert sind.
Die Rhetorik des mit viel Spott gezeichneten ruinösen Polizeistaats mit mafiösen Strukturen changiert zwischen ritueller Verteufelung der verjagten Kolonialmächte, Beschwörung der Revolution und Umgarnung ausländischer Investoren. In dieses Panorama fügt sich eine Figur ein, die man als Stellvertreterin der Autorin lesen könnte: Destiny, eine junge Ziege, kehrt aus dem Exil zurück und erforscht die mörderische Gewalt, die die als Hunde vorgestellten Schergen des Regimes ihrer Familie angetan haben.
Erzählt werden diese Traumata in einer vibrierenden, aufrührerischen Form, die vor dem Elend, der Wut und den Lebenslügen einer Gesellschaft nicht kapituliert. „Glory“ entwickelt einen fiebrigen, überschäumenden Sound, in dem Kühe twerken, Gerüchte trenden und Tote nicht tot sind. Durchwirkt wird dieser wilde Mix von eingeschobenen politischen Meinungsgefechten aus den sozialen Netzwerken. Dazu gesellen sich teils ins Absurde lappende Aufzählungen oder seitenlange Wiederholungen hervorgehobener Satzteile, die zumeist etwas ziemlich Üblem Nachdruck verleihen.
Einmal ist auch von einem ausländischen Video die Rede. Fast eine ganze Seite lang wird daraus, stellvertretend für alle Jidadas dieser Welt, ein Satz zitiert: „I can’t breathe“.