

Innen weinen, außen lächeln
Gerlinde Pölsler in FALTER 42/2023 vom 20.10.2023 (S. 28)
Der Titel klingt eher nach Kinderbuch, dabei ist „Mir doch MIAU!“ ein Roman über die Phase, in der mensch nicht Kind und auch noch kein richtiger Jugendlicher ist. Ich-Erzählerin Mathilda ist 12 ¾. Und so sorgt sie sich nicht nur um ihre schwer kranke Mutter und ist noch Kind genug, um sich von Geistergeschichten fertigmachen zu lassen. Sie schlägt sich auch mit allem herum, was eine in diesem vermaledeiten Alter eben umtreibt. Wüsste sie nur, wie man das macht, die Krallen so richtig ausfahren, wie ihre Oma ihr das von den Raubkatzen erzählt, die sie früher gepflegt hat!
Über den Sommer muss Mathilda vom Land zur Oma nach Bremen. Ein gefährlicher Großstadtdschungel, wie ihr scheint. Auch die Gleichaltrigen im Haus wirken mehr gefährlich als freundlich. Aber was weiß man? Die Deutsche Mina Teichert, unter anderem Autorin des Spiegel-Bestsellers „Neben der Spur, aber auf dem Weg“ über ein Mädchen mit ADS, greift diesmal ein Phänomen auf, das Eltern verstärkt seit den Covid-Lockdowns kennen: Ängstlichkeit und Rückzug bei Teenagern. Vor lauter Schiss vor allem hockt Mathilda die meiste Zeit in der Oma’schen Winzi-Wohnung, die darob schon ganz narrisch wird. Geht unsere Protagonistin raus, ist sie nachher erst recht unglücklich. Teichert trifft die Gefühls-Achterbahnen auf den Punkt. „Du fährst jetzt eine Station mit der Bahn. Ohne Fahrschein“, fordert ihre neue Gang Mathilda heraus: „Wir kommen dann zu Fuß nach.“ Fröhlich winkend steigt sie ein, dabei könnte sie weinen – nur um dazuzugehören. Dann tut auch noch Noah nach einem vielversprechenden Abend so, als kenne er sie kaum. Es ist verstörend.
Schließlich entpuppt sich aber nicht nur ihre Feindfreundin als vielschichtiger als gedacht, auch Mathilda selbst lernt neue Seiten an sich kennen. Ein Buch, das Zwölfjährige an der Hand nimmt und die harte Zeit vielleicht ein bisschen heller macht.