

Körperbehaarung: Wie viel Fell darf 's denn sein?
Sara Schausberger in FALTER 38/2024 vom 20.09.2024 (S. 32)
Das erste Mal hat sich Franziska Setare Koohestani mit zehn Jahren die Haare auf den Armen entfernt. Schon bald folgten Experimente mit Kaltwachs und Bleichcreme auf dem Rücken und der Oberlippe. Das Schulschwimmen geriet zum Stresstest: Alles musste glattrasiert sein. Und da war die deutsch-iranische Autorin noch ein Kind. "In meiner Pubertät kam mir mein gesamter Körper wie eine haarige Baustelle vor", heißt es an einer Stelle.
In ihrem Buch "Hairy Queen. Warum Körperbehaarung politisch ist" widmet sich die stark behaarte Journalistin sowohl ihrer persönlichen Geschichte als auch historischen, soziologischen und wissenschaftlichen Fakten: Warum sind Menschen überhaupt an gewissen Stellen nackt und an anderen fellig? Wie hat sich der Blick auf Körperhaare in den letzten Jahrhunderten verändert? Woher kommt die Obsession mit der Glattheit? An welchen Körperstellen ist es okay, wenn Haare sprießen? Bei wem ist es okay? Und was hat das Ganze mit Rassismus, Kapitalismus und Sexismus zu tun?
Sich selbst bezeichnet Koohestani als "Hairy Queen". Mit ihren 28 Jahren hat sie mittlerweile alle Arten von Haarentfernungsmethoden ausprobiert. In einem eigenen Kapitel gibt sie Empfehlungen dafür ab.
Dass sich die Autorin intensiv mit den historischen und kulturellen Aspekten von Körperhaaren auseinandersetzt, hat zwar ihren Umgang mit ihrer eigenen Behaarung entspannt, aber auch sie lässt nicht alles frei sprießen. Das ist auch das Schöne an diesem ehrlichen Buch: Es erkennt an, dass in der Körpergestaltung eine Suche nach gesellschaftlicher Anerkennung steckt und dass diese zutiefst menschlich ist. Auch bei Männern zeichnet sich übrigens ein Trend zur Glattheit ab, wie man etwa an den James-Bond-Darstellern der letzten Jahre ablesen kann.
Insgesamt plädiert Koohestani für einen kreativeren, lockereren Umgang mit dem, was auf uns wächst: Auf dass wir endlich mehr Spaß mit unseren Körperhaaren haben!