Das Universum der Dinge

Zur Ästhetik des Alltäglichen
208 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783552055117
Erscheinungsdatum 16.08.2010
Genre Philosophie/Sonstiges
Verlag Zsolnay, Paul
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

Einst schuf man mit den eigenen Händen die Dinge, die zum Leben notwendig waren. Schneider, Schlächter, Schmiede und Gerber arbeiteten um die Ecke, waren sichtbar und hörbar. Dann brachten Mechanisierung und Industrialisierung zuerst das Handwerk zum Verschwinden, später zogen die Fabriken weg; in der heutigen Gesellschaft bewirken Automatisierung und Globalisierung, dass niemand mehr zu sagen weiß, wie die Dinge unseres täglichen Bedarfs überhaupt zustande kommen. Der durch seine "Theorie der Unbildung" bekannt gewordene Philosoph Konrad Paul Liessmann beschreibt in seinem neuen Buch das Universum der Dinge in unserem Alltag - eine Philosophie der Alltagserfahrung.

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FALTER-Rezension

Der Philosoph kommt auf dem Rennrad

Klaus Nüchtern in FALTER 39/2010 vom 01.10.2010 (S. 45)

Was haben die Abseitsregel und Goethes "Faust", eine Radtour durch die ungarische Puszta und die nominalistische Geldtheorie Aristoteles' miteinander zu tun? Ganz genau: Über all das und noch viel mehr hat Konrad Paul Liessmann nachgedacht, und was dabei herausgekommen ist, ist in dem nun vorliegenden Band versammelt.
Das Buch ist eine Mogelpackung: Der Titel "Das Universum der Dinge. Zur Ästhetik des Alltäglichen" und der Umschlag, der ein aufgeschlagenes Moleskine-Notizbuch so wie ein klassisches Brillengestell (Modell Clark Kent) zeigt, suggerieren so etwas wie eine Enzyklopädie von Alltagsgegenständen: Liessmann über das Jugendlichkeitsversprechen von Umhängtaschen, die Retronobilitierung von Hausfrauenkleidchen, das Design von Müsliriegeln und die Phänomenologie der Freisprechanlage – so was in der Art. Stattdessen findet sich hier eine Reihe von Vor- und Beiträgen, die der Autor in den letzten Jahren zu verschiedenen Gelegenheiten gehalten und verfasst hat. Gewiss, ein grundlegendes Interesse an ästhetischer Wahrnehmung und Rede in Kunst, Theorie und Alltag verbindet die meisten der insgesamt zwölf, mit maximal 20 Seiten relativ kurzen Denkstücke, aber echte Systematik ist keine auszumachen.

Dass nicht alles, was irgendwann einmal publiziert oder vorgetragen wurde, zwischen zwei Buchdeckel geklemmt werden muss, ist eine viel zu wenig beachtete Einsicht. Im diesem Falle greift sie freilich nicht, denn Liessmann, der vermutlich am häufigsten (außerhalb des unmittelbaren universitären Kontextes) nachgefragte Philosoph des Landes, vermag es wie kaum ein anderer Gelehrter, eine größere Öffentlichkeit für eminente Fragen seines Faches zu interessieren, ohne befürchten zu müssen, von seinen akademischen Kollegen als Populist verachtet zu werden (dass das mit Gewissheit dennoch geschieht, hat nichts zu sagen – jedenfalls nichts über Liessmann).
Es ist keineswegs herablassend gemeint, wenn die vorliegenden Aufsätze und Vorträge als ausgesprochen "bekömmlich" charakterisiert werden, sind sie doch auch das Produkt eines gewieften und taktvollen Didaktikers, der, erstens, von der Möglichkeit und Notwendigkeit des Lernens und Lehrens noch überzeugt ist, und dies, zweitens, selbst auch nachweislich beherrscht, sein Publikum also dazu bringt, etwas zu lernen, ohne dass es dieses merkt.

Liessmanns Texte funkeln nicht – "brillant" ist nicht das erste Adjektiv, das einem zu ihnen einfällt. Sie stellen Fragen (von denen sie einige beantworten), aber sie zielen nicht auf Pointen ab; vom kess Provokativen halten sie ebenso weit Abstand wie vom kulturpessimistischen Suderantentum, obgleich eine grundlegende Fortschrittsskepsis zu konstatieren ist, die indes nie mit dem Gestus selbstherrlicher Entlarvung auftritt. So stellt Liessmann etwa gleich im einleitenden Titelstück die Frage, was denn bei allem unleugbaren produktionstechnischen Fortschritt eigentlich aus "dem uralten Traum, sich vom Fluch der körperlichen Arbeit zu befreien" geworden ist. Eine Frage, die – und darin liegt auch schon die ernüchternde Antwort – nicht gestellt werden darf, rührt sie doch "an eines der wirklichen Tabus der rezenten Gesellschaftsordnung: Rationalisierungs- und Automatisierungsgewinne sind unantastbar. Die Menschenwürde ist es nicht."
Umgekehrt lauert das Rettende just dort, wo man es nicht erwartet hat. Denn "inmitten der Eventkultur" gelangt Liessmann bei aller Kritik zu der hoffnungsfrohen Einsicht, es sei vielleicht gar nicht so schlecht, dass man die Kunst "erst wieder suchen und aufsuchen muss, um dann hinter all dem Getue, Geschiebe und Getriebe etwas Einzigartiges zu entdecken, das einem im Wortsinn den Atem raubt".
Dass zwei Texte, die im doppelten Sinne herausragen, ausgerechnet vom Fußball und Radfahren handeln, hat zum einen damit zu tun, dass Liessmann über das prekäre Verhältnis von Philosophie und Sport sehr genau Bescheid weiß, und zum anderen, dass er hier die Position diskreter Distanz für einmal aufgibt. "Das runde Leder" überzeugt nicht zuletzt durch die Auswahl der Zitate (von Huizinga über Handke bis zu dem heute weitgehend vergessenen christlich-konservativen Schriftsteller Manfred Hausmann), "Die letzte Kehre" aber verleiht der Textsammlung ein fast rührendes Moment persönlicher Entäußerung.

Man spürt, dass Liessmann sich für Musik interessiert und dass es dann wohl eher Schubert und Schönberg als Wham! und A-ha sind. Man ahnt, dass ihn die Führung des Villacher SV in der Kärntner Liga nicht kalt lässt. Aber daran, dass er ein Rennradfanatiker ist, kann schon allein deswegen kein Zweifel aufkommen, weil der Philosoph, sitzt er erst im Sattel, vor lauter Enthusiasmus der sattelfesten Stilistik verlustig geht, über die er ansonsten verlässlich verfügt.
Von präziöser Produktanpreisungsprosa ("Hinter dem Unscheinbaren verbirgt sich edelstes Material: Stahl, Aluminium, Carbon") ist er hier ebenso wenig gefeit wie vor Erhabenheitskitsch ("Tiefer als der Rausch der Geschwindigkeit, tiefer als die Abfahrt berührt nur eines: der Berg").
Dergleichen verminderte Bodenhaftung wird aber durch eine äußerst triftige, zwischen Ironie und Melancholie oszillierende Reflexion übers Fitnessstudio und die vielleicht erstaunlichste Einsicht des ganzen Buchs wettgemacht; diejenige nämlich, dass die "Lust an der Autonomie des Ästhetischen" heute nur mehr dem Körper offen steht, wohingegen sich der Geist "längst vollständig den Anforderungen der Ökonomie beugen (muss)".

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