Die Flügel

Roman
672 Seiten, Hardcover
€ 26.8
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ISBN 9783552056893
Erscheinungsdatum 25.08.2014
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Zsolnay, Paul
Übersetzung Ferdinand Leopold
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

"Es war das Jahr des Herrn 1989. Die Menschen hörten von Kriegen und von Aufständen, doch sie ängstigten sich nicht, denn das alles musste sich ereignen." So beginnt der Roman "Die Flügel" des Autors Cartarescu aus Rumänien, das Finale der "Orbitor"-Trilogie. Hintergrund bildet die Wandlung der Gesellschaft während der Revolution in Bukarest. Auf den Straßen spielen sich tumultartige Szenen ab, in der Wohnung des Ich-Erzählers läuft tagein, tagaus der Fernseher, und er taucht ein in die Geschichten seiner Vorfahren. So entsteht ein Kaleidoskop von Bewusstseinssplittern – und eines der großartigsten, exzessivsten Werke der Weltliteratur.

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FALTER-Rezension

Kompaktes Monumentalpanorama

Erich Klein in FALTER 41/2014 vom 10.10.2014 (S. 27)

Mit dem Roman "Die Flügel" beendet der Rumäne Mircea Cărtărescu seine überbordende Orbitor-Trilogie

Um etwaiger Kritik an Ungereimtheiten von vornherein zu begegnen, heißt es bei James Joyce einmal: "Do I contradict myself? Very well then, I contradict myself!" So zweifelhaft das Bonmot bezüglich literarischer Details sein mag, auf den zentralen Befund von Mircea Cărtărescus Roman "Die Flügel" trifft es zu: "Mit apokalyptischem Krachen stürzte der Kommunismus in jener Nacht in Rumänien ein, verschwand schlicht und einfach spurlos, als hätte es ihn nie gegeben."
Der fulminante Abschlussband der Orbitor-Trilogie ist alles andere als spurlos. Wer das Krachen der Apokalypse noch nicht in den Vorläuferbänden "Die Wissenden" (2007) und "Der Körper" (2011) vernommen hat, mag dies jetzt tun – im furiosen Finale eines insgesamt 1800 Seiten umfassenden literarischen Exzesses, der sich bei aller Überschreitung von Genregrenzen, überbordend in Figuren- und Handlungsgestaltung wie Stil, zu einem kompakten Monumentalpanorama Rumäniens im 20. Jahrhundert fügt.

Der erste Band hob mit mythischen Bildern von riesigen, im Eis der Donau eingefrorenen Schmetterlingen an. Der "Flügel" (das rumänische Original macht ihn als "rechten Flügel" eines Triptychons kenntlich) setzt zum Abschluss mit einer prägnanten Zeitangabe ein: "Es war im Jahre des Herrn 1989. Die Menschen hörten von Kriegen und von Aufständen, doch sie ängstigten sich nicht, denn das alles musste sich ereignen." Der Erzähler verweilt nicht lange bei trockenem Erdenschicksal; Noah und Nimrod folgen, sogleich der Untergang ganzer Geschlechter und die Entstehung neuer Sonnensysteme, um schließlich in die spätsozialistischen Plattenbauten Bukarests zurückzukehren. Die Stadt ist in Aufruhr – und was geschieht in der Welt? "Der Nasdaq-Index hat in jenen Tagen keinerlei ungewöhnliche Baisse verzeichnet."
Äußerer Handlungsrahmen der 670 Seiten von "Die Flügel" sind – sofern bei Mircea Cărtărescu von Handlung zu reden ist – die letzten Tage des Ceaușescu-Regimes rund um Weihnachten 1989. "Da ist was los in Timișoara", murmelt die Mutter des Erzählers über den Beginn des Aufstandes im Banat, während sie versucht, aus dem "feuchten Häufchen leichenblasser Hähnchenfüße mit verkrümmten Krallen" etwas Essbares herzustellen. Und über die endlos langen Schlangen vor den Lebensmittelgeschäften: "Für diese reptilienartigen Schuppen schlagen sich die Leute tot!"

Mircea Cărtărescu geht es in solchen Szenen weniger um die Kargheit des Sozialismus in Agonie als vielmehr um die Darstellung der Auswirkungen der Gewalt des Systems bis in dessen kleinste Bestandteile. Der ganze Plattenbau in der schon aus den früheren Büchern bekannten Ștefan-cel-Mare-Chaussee samt Bewohnern wird in rasanten Erinnerungstaumel versetzt.
Da sind die selbstgefertigten Lockenwickler der Mutter aus Zeitungspapier, die das kleine Kind Mircea faszinierten; dessen Angst, durch die Kloake des Badezimmers davongespült zu werden; noch ist die mütterliche Ermahnung an den Jugendlichen "Schreib was Schönes!" nicht verklungen, ergeht sich der in einer Reminiszenz an Silvia, die Tochter von Marian, Verkäuferin in der nahen Konditorei.
Eine Assoziationskette führt von ekligen, mit rosa und mattgrüner Creme überzogenen Kuchen zu einem ersten Höhepunkt kindlicher Lust: "Mit meiner Zungenspitze berührte ich ihren Ohrring mit roten Sternchen wie die Körner einer Himbeere (…) Ich lasse meine flache Hand in ihre gerippte Unterhose gleiten und spürte mit dem Finger die Feuchte."
Während die Securitate in Timișoara Pogromstimmung schürt ("Schmeißt die Zigeuner raus!"), haben Demonstrationen und Chaos auch die Hauptstadt Bukarest erfasst. Allein der Vater des Erzählers Costel konstatiert gelassen: "Nur keine Bange, Ceaușescu herrscht nicht mehr lange!" Der Vater gehört zu jenen sogenannten kleinen Leuten, die ursprünglich, gleich nach dem Krieg, den Kommunismus begrüßt hatten, geblieben ist allein der Befund: "Was die aus diesem Land gemacht haben, fressen nicht einmal die Schweine."
An ihm, wie am Securitate-Obristen Ion Stanila, exemplifiziert Cărtărescu die Geschichte des rumänischen Sozialismus mit Nationalismus, Sadismus und Ceaușescu-Kult, Ceaușescu-Witzen sowie Ceaușescu-Apologien aus dem Mund von Wissenschaftlern und Künstlern. Costel bleibt auch zuversichtlich, als Bukarest vor Panik schon explodiert, wartet er doch auf den Moment, "da er krepiert". Zuletzt scheint die Revolution tatsächlich zu siegen.

Als postmoderner Spezialist für Mythologien aller Art, von Genetik über gnostische Evangelien und Fraktale bis zum Buddhismus, webt Mircea Cărtărescu all diese Diskurse in seine Erzählung und wird dabei überraschenderweise nie peinlich. Die Ableitung der eigenen Biografie von der Tochter eines galizischen Chassids nimmt man ihm ebenso ab wie den historischen Exkurs über den polnischen Grafen Czartorisky und dessen Leidenschaft für Seidenraupen.
Am Ende erhebt sich ein schillerndes Symbol triumphierend: "Der Schmetterling hat die menschliche Seele erfunden. Er ist uns gegeben worden als lebendiges und vollkommenes Symbol ihres Soseins auf dieser Erde, wo Milch, Honig, Blut und Harn fließen." Ihm gegenüber ist auch die Schneeflocke von dreißig Kilometern Durchmesser, die sich über Bukarest herabsenkt, bedeutungslos.
Der Erzähler hat sich und sein Buch aus der Diktatur heraus- und gegen den universalen Kältetod freigeschrieben: "Ich bin Mann und Weib, Kind und Greis, Verbrecher und Büßer, Bestie und Engel." Sein allerletztes Wort, dreifach wiederholt, lautet: "blendend". Nicht weniger ist über Mircea Cărtărescus große Orbitor-Trilogie zu sagen!

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