Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München info@hanser.de
Unsere Prinzipien
✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags
Ein Hotelzimmer in Amsterdam: Ben wartet auf die Urne mit der Asche seiner Mutter Marlene. In einem Brief an seinen vierjährigen Sohn versucht er zu erklären, wie es dazu kam, dass sich sein Leben plötzlich verändert hat. Vor vierzig Jahren erfuhr Ben, dass sein eigener Vater entführt und ermordet wurde, im kolumbianischen Rebellengebiet, wo er im Auftrag eines deutschen Magazins unterwegs war. Danach änderte sich für Bens Mutter alles. Doch erst nach Marlenes Tod erkennt Ben, in welchem Ausmaß seine Mutter sich in Lebenslügen verstrickt hatte und dass die Geschichte seiner Familie eine große Illusion ist.
Philipp Blom, Autor brillanter historischer Studien wie „Die zerrissenen Jahre. 1918–1938“ und bekannt auch als gewandter Kulturvermittler (ORF, Burgtheater), legt ein erstes literarisches Werk vor, „Bei Sturm am Meer“. Der Ich-Erzähler hat mit den Lebensdaten des Autors einiges gemeinsam. Anfängliche Skepsis, Autobiografisches als Roman verkleidet zu lesen, legt sich jedoch bald.
Ein Mann in seinen 40ern verfasst einen Lebensbericht als Brief an seinen kleinen Sohn. Dieser soll ihn lesen, wenn er das Alter des Vaters erreicht hat. Vielleicht wird er dann dessen Grundeinsicht teilen, dass Erwachsensein bedeutet, die eigene Gestalt als Parodie des als junger Mann entworfenen Selbstbildes zu identifizieren. Der gelassene Pessimismus des Vaters könnte ihm beim Bewältigen eigener Krisen mehr helfen als jenem das Selbstbild des eigenen Erzeugers. Der Sohn wird es vermutlich mit den Frauen besser machen als der Vater und der Großvater. Diese entziehen sich wiederholt ihrer Verantwortung und bleiben blasse Figuren.
Geprägt wird die Geschichte von den plastisch hervortretenden Gestalten der Großmutter und Mutter des Erzählers. Misst man sie an ihren Plänen und Hoffnungen, sind auch sie gescheitert. Doch selbst in ihrer Einsamkeit und ihren jämmerlichen Todesstunden – die stärksten Momente des Romans – ist bei ihnen noch ein Hauch von Eigenständigkeit zu spüren.
Blom verfügt über eine breite Palette an stilistischen Mitteln, darunter interessante Rhythmuswechsel. Eine lakonisch geschilderte Ausgangssituation – die Großmutter erscheint nicht zu ihrem eigenen Begräbnis, da ihre Urne auf dem Postweg verlorengegangen ist – lässt er langsam in eine Selbstreflexion übergehen, die oft quälend ist, aber nie in Larmoyanz abgleitet.
„Bei Sturm am Meer“ ist ein Generationen-, aber kein Familienroman; eine Familie gibt es in diesen vaterlosen Verhältnissen nicht. Sehr wohl aber gibt es die Hoffnung, dass die Krise des erzählenden Vaters beim Sohn eine neue Haltung hervorbringt, die das Fluchtverhalten seiner Vorgänger vermeidet.