Österreichische Heimatliebe hat keinen guten Ruf. Ernst Lothar, 1890 in Brünn geboren, war von ihr durchdrungen. Die Karriere als Staatsanwalt gab er auf, wurde Theaterkritiker bei der Neuen Freien Presse, gründete die Salzburger Festspiele mit und leitete das Theater in der Josefstadt. Im März 1938 emigrierte er mit seiner Frau, Adrienne Gessner, in die USA und avancierte dort zum Bestsellerautor, erhielt die Staatsbürgerschaft und gab diese doch gern wieder zurück.
Er kannte sie alle, von Hofmannsthal bis Thomas Mann, von Schuschnigg bis Roosevelt. Die geschilderten Ereignisse rauben einem den Atem. Lothars Ehrlichkeit und poetische Kraft verleihen ihnen Tiefgang und von der österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts und ihrer Dilemmata unabhängige Gültigkeit. Erschienen erstmals 1960, liest sich das „Wunder des Überlebens“ auch heute noch spannender als jedes Lehrbuch.
Kirstin Breitenfellner
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FALTER 36/2020 vom 04.09.2020 (S. 36)