Mortimer & Miss Molly

Roman
320 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783552062252
Erscheinungsdatum 26.08.2013
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Zsolnay, Paul
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

Italien 1944: Kurz vor Kriegsende landet in San Vito in der Toskana ein amerikanischer Soldat mit seinem Fallschirm mitten in einem malerischen Renaissancegarten, ausgerechnet unter dem Fenster der englischen Gouvernante, die ihn vor den deutschen Besatzern versteckt. Das ist die Geschichte von Mortimer und Miss Molly, eine Liebesgeschichte. Jedenfalls der Anfang davon, wie sie knapp dreißig Jahre später ein alter Amerikaner erzählt, als er Julia und Marco kennenlernt, die es nach San Vito verschlagen hat. Am nächsten Morgen ist er verschwunden. Und so beginnt das junge Paar, die Geschichte der beiden für sich selbst fortzuspinnen. Ein Roman aus Österreich über die Magie des Erzählens.

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ISBN 9783552062252
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FALTER-Rezension

Die Sonne versteckt sich, die Sterne fallen, und die Liebe ist sowieso eine Himmelsmacht

Klaus Nüchtern in FALTER 34/2013 vom 23.08.2013 (S. 27)

Die Parallelisierung von Paaren über Generationen hinweg ist ein probates Mittel, um über die Liebe im Wandel der Zeiten nachzudenken. Harold Pinter hat den Kniff in seinem Drehbuch für "The French Lieutenant's Woman" angewandt, und auch Peter Henisch setzt Marco und Julia, die beiden Protagonisten der Rahmenhandlung, in Bezug zu "Mortimer & Miss Molly", den Titelhelden seines jüngsten Romans. Mit Film hat das Ganze auch noch zu tun, denn Marco bekundet Ambitionen, die Geschichte vom amerikanischen Tomahawk-Piloten, der da eines Frühlingstages im Jahr 1944 mit seinem Fallschirm in den Schlosspark von San Vito trudelt und von der das eigene Leben aufs Spiel setzenden Gouvernante mit Essen und schließlich auch mit amouröser Zuwendung versorgt wird, zu verfilmen.
Es ist eine schöne Sommergeschichte, die sich der Autor da ausgedacht hat, und mit meteorologischen, astronomischen und bioluminiszenten Effekten – inklusive Sonnenfinsternis, Sternenschauer und Glühwürmchengewölke – wird auch nicht gespart. Der Stillstand des Augenblicks, den Liebespaare ersehnen, ihm gilt auch die Sehnsucht des Romans, in dem ein notorisch bedächtiger Lebensmittelladenbesitzer ironisch als "Il veloce" tituliert wird. Die Zeit aber ist, wie Julia weiß, "eine Gemeinheit", vor allem, wenn sie unerfüllt verstreicht.

In der schicksalhaften Love Story des Titelpaares, die Marco und Julia mangels gesicherter Recherche fortfabulieren, spiegelt sich die in den 1980ern anhebende, von ganz alltäglichen Behinderungen (besitzergreifenden Müttern, Telefonen ohne Anrufbeantworter, Auslandsaufenthalten, viel zu früh fahrenden Zügen …) gebremste und für Jahre unterbrochene Liebesgeschichte der in glücklicher Sicherheit lebenden Nach(kriegs)geborenen.
Marco und Julia fantasieren sich in die Rollen von Mortimer und Molly, obgleich die zu Beginn ihrer Beziehung um zehn Jahre jünger bzw. 20 Jahre älter waren als die beiden, und Molly kriegt – Buongiorno, signore Joyce! – sogar einen kleinen interpunktionslosen Monolog. Auch wenn
die Schildkröten im Park ständig am Schnackseln sind und die Sonne am Schluss glatt wieder aufs Firmament gevögelt wird, ist der Roman letztendlich ein Plädoyer für eine Spielart von Sex, für die es eine etwas andere und ein bisschen in Vergessenheit geratene Bezeichnung gibt: Liebe machen. 

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Zwischen Nussdorf und Favoriten

Klaus Nüchtern in FALTER 34/2013 vom 23.08.2013 (S. 24)

Die Gegend hier heißt ja Weinhaus – das war mir von Anfang an sympathisch", erinnert sich Peter Henisch an seine Übersiedlung ins noble Währing, das hier in der Lacknergasse freilich ganz unprätentiös vorstädtisch wirkt. "Früher war das völlig fremdes Gebiet",
erklärt der Schriftsteller, der in den eher
unglamourösen Bezirken 3, 5 und 10
aufgewachsen ist und diese Zeit auf seiner als "autorisierter Webauftritt" ausgewiesenen Homepage trocken mit "Nachkriegskindheit, Wiederaufbaupubertät" umreißt.
Fragt man ihn, wie lange er bereits hier wohnt, muss er kurz nachdenken: "Ich rechne ja in Büchern." Den Roman "Eine sehr kleine Frau" hat er hier geschrieben, also muss er wohl vor sechs Jahren eingezogen sein. Man möge bitte nicht laut sprechen, leitet Henisch einen Wunsch seiner
Nachbarin, einer Psychotherapeutin, weiter. Betritt man die Wohnung über den Innenhof, fällt einem auf, wie angenehm kühl sie an diesem brüllend heißen Julitag ist.

Henisch ist eigens mit der Bahn aus der Toskana angereist, wo es zurzeit angenehmere Temperaturen hat, um ein paar Wien-Termine wahrzunehmen. Am nächsten Tag geht's dann auch schon wieder zurück nach San Quirico d'Orcia, wo Henisch mit seiner Lebensgefährtin Eva Schobel mehrere Monate im Jahr verbringt. Und zwar auch schon wieder seit – "Moment!" – einem Vierteljahrhundert: "Wir waren Pioniere des agriturismo!"
Fotos von der Parkanlage, in der der
Titelheld seines soeben erschienenen Romans "Mortimer & Miss Molly" (siehe Kasten auf S. 27) mit dem Fallschirm landet, hat er auch mitgebracht. Und das Albergo, in dem das junge Paar der Rahmenhandlung absteigt, das kennt Henisch ebenfalls aus eigener Anschauung – "ansonsten sind die Ähnlichkeiten sehr bald enden wollend".
Die Bücher von Henisch sind ins Englische, ins Polnische und Litauische übersetzt worden, aber noch nicht ins Italienische. Für die erste öffentliche Lesung aus dem neuen Roman, die Anfang September am Originalschauplatz in San Quirico stattfindet, hat ein befreundeter Musiker die ersten 15 Seiten übersetzt. Lesen wird sie der Cantautore und Lokalmatador Ugo Sani.
Von der mediterranen Zweitheimat kündet in der Währinger Wohnung eine Ausgabe von La Repubblica, die neben Büchern von Hemingway, D.H. Lawrence, Spinoza und Karl Kraus auf einem Tischchen liegt. Die Grundfesten des Hauses in der Lacknergasse sollen übrigens noch aus der Zeit der Zweiten Türkenbelagerung stammen, zwei unverputzt gebliebene Streben neben dem Bett beglaubigen diese Theorie zumindest für architekturhistorische Laien. Henisch bietet Getränke an und wartet das urgierte Leitungswasser in schönen alten Warzengläsern auf. Dann geht es auch schon wieder in die gnadenlose Sommerhitze hinaus, wobei die Klimaanlage des vom Fotografen gelenkten Wagens – Henisch ist ebenso autolos wie der Redakteur – die Fahrt nach Nussdorf erträglich macht.

"Sie war die kulturbeflissene Oma, die redselige", erinnert sich Henisch an die Großmutter väterlicherseits. Sie ist die Heldin seines Romans "Eine sehr kleine Frau" und hat entscheidend dazu beigetragen, dass der Enkel Schriftsteller geworden ist: "Ihr verdanke ich das Erzähltalent." Von ihrem Arbeitsplatz im Allgemeinen Krankenhaus (naturgemäß dem alten AKH am Alsergrund) ging sie täglich eineinhalb Stunden in die Obere Bahngasse – durch insgesamt sechs Bezirke und vier Besatzungszonen.
Die ausgedehnten Märsche haben die noch ziemlich junge Oma – "sie war damals ja viel jünger als ich heute" – offenbar nicht sonderlich angestrengt, nutzte sie doch jede Gelegenheit, den kleinen Peter zu ausgedehnten Spaziergängen durch Wien zu animieren.
Zunächst ging es meist in die Innenstadt. "Der Heldenplatz hat mit seinen eingerüsteten Denkmälern ausgesehen wie die Kaaba, und das Burgtheater war ein Schutthaufen. Es war aber überhaupt nicht furchtbar, sondern toll: Es gab viele Durchblicke." Mit dem D-Wagen fuhren die beiden dann nach Nussdorf. Den Kahlenberg – "unser Standardausflug" – erspart Henisch dem Falter-Reporterteam gnädigerweise. Stattdessen geht es nur ein Stückchen den Beethovengang hoch, auf dem die Oma dem Enkel vom komponierenden und zusehends ertaubenden Beethoven erzählt hat.
Kein Wunder, dass der Komponist zum ersten Künstler-Role-Model Henischs wurde. Die Büste des genialisch umwölkten Beethoven in Nussdorf erschien diesem damals wesentlich attraktiver als das Denkmal des notorisch heiter-göttlichen Mozart im Burggarten. "Als Bub habe ich versucht so dreinzuschauen wie der Beethoven", erinnert sich der Schriftsteller. "Von den Haaren her hat es ja auch irgendwie gepasst. Später habe ich dann versucht, die Augenbrauen so hochzuziehen wie Clark Gable."
Die Großmutter, die sich für Klassiker der Weltliteratur à la "Jane Eyre" ebenso zu begeistern vermochte wie für Vicki Baums "Menschen im Hotel", erzählte dem Enkel ihre Lieblingsromane nach: "Omas Digest" eben, wobei das Märchen vom "Kalif Storch" den juvenilen Zuhörer am nachhaltigsten beeindruckte. Aber auch in Hinblick auf die Musik erwies sich die Oma als eine Sozialisationsinstanz: Von ihrer Abfertigung als Krankenschwester kaufte sie sich einen Bösendorfer-Stutzflügel, unter dem der Enkel viele glückliche und lehrreiche Stunden verbrachte. Den musikalischen Roots des eigenen Grätzels aber stand sie skeptisch gegenüber: Die Nachbarin war zwar eine Schwester der legendären Maly Nagl, aber deren Lieder – "Mei Oide sauft so vü wia i" – waren der kultivierten Frau dann doch zu ordinär.

Von Nussdorf geht es südostwärts zur Erdberger Lände. Dort, wo heute eine Rad- und Fußgängerbrücke über den Donaukanal und weiter in Richtung Prater führt, verkehrte bis ins Jahr 2002 die sogenannte "Überfuhr". Auf dieser konnte man nicht nur vom dritten in den zweiten Bezirk übersetzen, sondern bei Wein oder Kaffee auch mehrere Fahrten mitmachen und an Bord bleiben: "Das war sehr kommunikativ." Besonders gut hat Henisch der Umstand gefallen, dass das Gierseil der Fähre über eine "Laufkatze" mit dem von Ufer zu Ufer gespannten Stahlseil verbunden war: "Ich habe Katzen immer gemocht."
Da die motorlose, durch die Flussströmung und den Anstellwinkel des Ruders manövrierte Fähre von vielen Fahrgästen in ihrer Funktionsweise nicht durchschaut wurde, konnte der Fährmann namens Sepp sich die krausesten Geschichten darüber ausdenken. "Der Sepp war ein sehr liebenswerter und interessanter Mensch. Er war Sozialarbeiter und hat als Drogenberater in St. Petersburg gearbeitet. Sogar Gäste aus den USA haben sich nach ihm erkundigt."
Auf der Rollfähre hat Henisch sein Opus magnum, den Roman "Schwarzer Peter", in Fortsetzungen vorgelesen, denn in beider, des Helden und des Autors, Kindheit, spielt der Donaukanal eine mythische, den Mark Twain'schen Mississippi nach Wien transferierende Rolle. "Drüben im Prater war immer Amerika", erinnert sich Henisch an den Abenteuerspielplatz Stadt, "auch wenn es eigentlich die russische Zone war."
Als sein Protagonist dann tatsächlich nach Amerika kommt, sieht er, angekommen in New Orleans, vom Fluss, der durch seine Kindheitsfantasien gezogen war, zunächst einmal gar nichts und dann bloß "ein riesiges Rinnsal": "Das war der erste Eindruck: Desillusion. Ol' man river. Was hatte man ihm bloß angetan? Da lag er, da floss er, der domestizierte Gigant. Der Donaukanal meiner Kindheit war imposanter gewesen."
Wer heute mit dem Nationalparkboot vom Schwedenplatz in die Lobau tuckert, kommt übrigens auch in den Genuss von Henischs Œuvre (was dem Autor selbst übrigens bislang nicht bekannt war). Er selbst hat die Bootsfahrt offensichtlich noch nie mitgemacht, was aber vielleicht auch ganz gut ist, denn der Umstand, dass die Versprecher nicht rausgeschnitten, sondern einfach durch Wiederholung der entsprechenden Passage "korrigiert" werden, würde ihn vielleicht doch etwas nervös machen.

Es wird Zeit für eine Jause (mit Getränk). Und wo ließe sich diese besser einnehmen als im Böhmischen Prater. Das erfreulich modernisierungsresistente Vergnügungsviertel am Laaer Berg, das seinen Namen den tschechischen Gastarbeitern verdankt, die ihr in den Ziegelfabriken am Wienerberg verdientes Geld hier wieder ausgaben, spielt in Henischs Bio- und Bibliografie eine besondere Rolle. Hier hat er in seiner Kindheit Favoritner Folklore von deren bester Seite kennengelernt: Wirtshäuser, in denen musiziert wurde, Frauenpaare, die miteinander tanzten, Lieder, die von der schönen Burgenländerin oder einem "paradiesischen, phallisch konnotierten Afrika" handelten, in dem gigantische Paprika wuchsen – "es war eine Atmosphäre wie in der Zwischenkriegszeit".
Riesenpaprika gibt es im Bierstadl keine, das Brathendl wird an diesem Tag in den Varianten "verkokelt" oder "gar nicht" angeboten. Henisch entscheidet sich für das Huhn und nimmt noch einen Kartoffelsalat dazu. Im Böhmischen Prater hat Henisch für sein Buch "Vom Baronkarl" recherchiert, das 1972 erschienen ist (und 1980 und 1992 in erweiterten Fassungen neu aufgelegt wurde). In diesen "Peripheriegeschichten" hat er die Theorien und Mythen gesammelt, die sich um den 1949 verstorbenen Bezirksheiligen und stets untadelig gekleideten Sandlerdandy rankten – nicht ohne zum Wuchern der Legenden durch eigene Erfindungen beizutragen. Der Baron Karl hieß wohl schlicht Karl Baron, wird laut Henisch "Barónkarl" ausgesprochen und war als Obdachloser unter anderem im Böhmischen Prater zu Hause.
Henisch hat im übrigen auch eine interessante Theorie über die Etymologie der sogenannten "Kreta". Unter diesem Namen ist das Gebiet zwischen Gudrun- und Quellenstraße östlich der Absberggasse bekannt. Es ist nach wie vor eines der am dichtesten besiedelten und sanierungsbedürftigsten Viertel der Stadt. In seinem "Favoriten-Lied" singt der dort aufgewachsene Gerhard Bronner von einer "Gstättn, die aus unerfindlichen Gründen ,die Kreta' genannt wurde". Die populärste Erklärung führt das Wort auf die gleichnamige Insel zurück, dessen Bewohner während der osmanischen Herrschaft besonders wilde Aufstände angezettelt haben sollen. In dem berüchtigt ärmlichen Viertel, das immer einen bewegten "Migrationshintergrund" hatte, soll das Messer so locker gesessen haben wie unter den freiheitsliebenden Kretern.
Eigentlich zu schön, um falsch zu sein, aber Henisch vermutet wesentlich prosaischere Gründe: Als Wahl-Toskaner kennt er "crete" nämlich auch aus seiner italienischen Heimat, wo diese südlich von Siena die Geografie prägen: Abbrüche in der Landschaft, die durch Verwitterung des Tons entstehen. Wer vom Böhmischen Prater Richtung Bitterlichstraße spaziert, kann auf der Wiese, die einen der schönsten Blicke auf Wien eröffnet, ganz ähnliche Erosionserscheinungen sehen.
In einen vergleichsweise wilden Winkel Wiens führt – das Bier ist ausgetrunken, das Koks­hendl teilverzehrt – die letzte Destination. Die Hasengasse liegt im Nordwesten Favoritens, ist als Wohnsitz der Familie Sackbauer in der legendären Fernsehserie "Ein echter Wiener geht nicht unter" zu zunächst auch zweifelhaftem Ruhm gelangt. Und weil Henisch ein echter Wiener ist, hat er, auf der mütterlichen Seite, selbstverständlich "zuagrasde" Großeltern – der Opa ein Tscheche, die Oma eine Slowakin: "Die haben gelebt wie heute die Migranten. Wenn wir dort deponiert wurden, weil meine Eltern unterwegs waren, war das so, wie wenn man zu den Verwandten ins Ausland kommt." Dass Oma und Opa just in der Hasengasse wohnten, erschien dem Buben auch logisch: "Unter der Abwasch hatten sie Hasen. Die haben ziemlich gestunken und wurden am Feiertag geschlachtet."
Der Waldmüllerpark, in dem der kleine Peter selbst als "Zuagrasder" identifiziert und von ortsansässigen Banden getögelt wurde, markiert hier den letzten urbaren Zipfel Favoritens: Im Norden und Nordwesten grenzt er an die Bahntrasse, dahinter liegt schon Margareten.
Es ist ein recht weitläufiger und ziemlich schöner Park, der auch den unter Joseph II. errichteten und bereits im 19. Jahrhundert aufgelassenen Matzleinsdorfer Friedhof umfasst, auf dem auch sein Namensgeber, der Biedermeiermaler Ferdinand Waldmüller, ruht. Hier, erinnert sich Henisch, sei immer ein ausgesprochen fesches Mädel auf seinem Schulweg vorbeigekommen. Er habe aber nie gewagt, es anzusprechen.
An der Ecke Fernkorngasse deutet Henisch auf das Eckfenster der großelterlichen Wohnung. Das Ziel des biografischen Wien-Ausflugs ist erreicht, ein kleiner Bildungsroman an sein Ende gekommen: Von den Nussdorfer Ausflügen mit der belesenen Großmutter in den Hafen der Hasengasse, wo der im Park malträtierte Bub dann doch auch Geborgenheit fand, "weich liegend auf dem Hängebusen der Oma".

Siehe dazu: Joseph Gepp: "Ein Ÿ Kilometer Wien" In: Falter 34/2010

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