Ein Mann ohne Beschwerden

Über Ästhetik, Politik und Heilkunde
240 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783552073609
Erscheinungsdatum 24.07.2023
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Zsolnay, Paul
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

Franz Schuh – der „titanisch gebildete Denker“ (Eva Menasse, „Die Zeit“) – widmet sein neues Buch dem Jahr 2022 und schreibt ein Panorama der menschlichen Tragikomödie.

"Dieses Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite dem Jahr 2022 gewidmet, dem 'annus horribilis' im Lebenslauf vieler Menschen, auch in meinem."
Nach elf Monaten in verschiedenen Krankenhäusern ist Franz Schuh, dieser Solitär der österreichischen Literatur, wieder aufgetaucht. Seine Erzählungen, Essays, Gedichte analysieren die herrschenden Lebensformen und fügen sich mit unterhaltsamem, manchmal melancholischem Witz zu einem Panorama der menschlichen Tragikomödie. Ob er von Erlebnissen in der Eisenbahn berichtet, von seiner Kindheit in der Wiener Vorstadt oder sich mit Anna Netrebkos Widersprüchen auseinandersetzt, Schuh hat einen ausgeprägten Sinn für das Komische im Tragischen. Das Lachen auf gescheite Weise ist sein Metier.

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ISBN 9783552073609
Erscheinungsdatum 24.07.2023
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FALTER-Rezension

Der unbedingte Eigensinn des Schmerzes

Armin Thurnher in FALTER 30/2023 vom 28.07.2023 (S. 29)

Manche Dinge wenden sich zum Guten. Wenn Franz Schuh ein neues Buch herausbringt, wird das neuerdings zum gefeierten Medienereignis, und auch die Verkaufszahlen seiner Bücher steigen. Das ist erfreulich für einen Autor, der weder in die Öffentlichkeit drängte noch eine akademische Laufbahn suchte. Er verschmähte die Karriere, sagt er, weil ihm seine Unabhängigkeit als höchstes Gut galt und gilt. Dabei schien ihm der akademische Werdegang doch auf den Leib geschrieben, nennt ihn doch zumindest der Portier im Reinhard-Seminar "Herr Professor", obwohl dieser darauf besteht, ein prekäres Nicht-Angestelltenleben zu führen.
Das ist reine Absicht und hat mit der moralischen Fähigkeit zu tun, Nein sagen zu können. Franz Schuh ist ein Nein-Sager, ein negativer Dialektiker, weswegen er im Zweifelsfall auch Ja sagt. Da es sich bei der Wirklichkeit um den Zweifelsfall schlechthin handelt, lässt er alles offen. Ohne dabei im Mindesten unentschieden, besser gesagt, unentschlossen zu wirken. Das Schreiben von Franz Schuh stellt eine Art entschlossene Unentschiedenheit dar.

So weiß er, dass seine moralische Rigidität unentbehrlich ist, aber genauso wenig ist sie haltbar. Wie soll man angesichts all der Erfolgreichen ohne Amt und üppige Pension überleben? Das geht nicht, und dieses Nicht-Gehen stellt Schuh mit der besonders eleganten Anekdote aus, wie er einmal für die stinkreichen Salzburger Festspiele gratis arbeitete, weil es ihm peinlich war, über ein Honorar zu sprechen, und weil von den hochmögenden Auftraggebern keiner auf die Idee kam, ihm eines anzubieten. So verwandelte sich der prekäre Status des unbezahlten Autors in den Status eines unfreiwilligen Spenders, sein Ausgenütztwerden in eine rächend ironische Geste.

Die erwähnte Unentschiedenheit behauptet er selbstverständlich nicht nur, er begründet sie, bescheiden, wie es seine Art ist, mit Hinweis auf den Theoretiker Heinz von Foerster. "Ich denke", sagt Schuh, "dass die Lüge nicht das Gegenteil von Wahrheit ist, sondern etwas anderes. Andererseits muss niemand sonst außer dem Lügner so viel Wert auf Wahrheit legen, weil er seine Lügen ja unbedingt als wahr unterbringen muss. Da kann ein guter Lügner keine Kompromisse machen. In diesem Sinn gilt Foersters Meinung, dass sich Wahrheit und Lüge gegenseitig bedingen. Wer von Wahrheit spricht, macht den anderen direkt oder indirekt zu einem Lügner. Diese beiden Begriffe gehören zu einer Kategorie des Denkens, aus der ich gerne heraustreten möchte."

Schuh führt uns vor, wie dieser Anspruch Foersters zu erfüllen wäre. Natürlich gibt es Wahrheit, es gibt Fakten, Dinge, die ganz evident sind, aber dann gibt es die Macht, auch diese Fakten abzustreiten, wie Donald Trump es mit der Menge tat, die sich bei seiner Angelobung versammelte, und von der jeder sehen konnte, dass sie kleiner war als jene, die sich bei Barack Obamas Angelobung versammelt hatte. Es geht hier nicht um eine Wahrnehmungsfrage, sondern um eine Machtfrage. Es kommt nur darauf an, sie zu sehen. Schuh macht uns sehend, und zwar auf vergnügliche und geistreiche Weise.

Er hat einen eigenen Schuh-Sound entwickelt, einen Schuh-Drive, der sich aus dem Witz seiner Sprachbilder und dem feinen Ohr ergibt, aber auch aus der Mischung der Genres. Da sind Essays, wie man sie im deutschen Sprachraum suchen und unter den Lebenden kaum finden kann. Da sind derbe Späße, grotesk-komische Dialektmonologe, aber auch eine geglückte Übersetzung eines Billie-Holiday-Songs. Der Schuh-Sound ist eine Mischung aus Hegel, Jandl und Konrad Bayer und doch durch und durch eigenständig.

Das Subjekt des Buchs ist der Autor, wie er denkt und singt. Seine Motive sind bekannt: Macht, Krankheit, das Versagen des Systems, damit umzugehen, eine Kultur, die sich über die Kunst erhebt, indem sie so tut, als gehe es in dieser wie jener ums Gleiche. Die Medien, "in ihrer merkwürdigen Doppelbindung, einerseits Diskurse zu formen und sich andererseits jedem öffentlichen Gemurmel unterwerfen zu müssen". Der Krieg, der einerseits berechtigt ist und andererseits in schreckliche Dilemmata führt. Die sich verschärfende politische Katastrophe, wo die trügerische Idylle in realen Härten für die Ärmeren endet und der Kapitalismus sein Gesicht zeigt, das die meisten noch immer für eine hübsche Larve halten. Der Tod. Schuh schrieb dieses Buch (zumindest Teile davon) während einer lebensgefährlichen Erkrankung im Spital, die ihn ein Jahr dort festhielt. Es war nicht die Medizin und schon gar nicht die Pflege, die ihn überleben ließ, obwohl ihm dann doch ein paar Ärzte halfen.

Er überlebte, weil er es wollte. Schuh ist nicht wehleidig, sein Leiden wird zur Attacke gegen jene, die unfähig waren, es zu lindern. Nur verschlüsselt lässt er uns erkennen, an welche Grenzen es stieß: "Der authentische Schmerz hat eine Art von Sichselbstgleichheit, einen unbedingten Eigensinn, der immun ist gegen die Verwandlung in Kunst, bei der eine solche Echtheit nicht auf dem Programm steht, weil sie auf ihre eigene, Distanz einschließende Weise ,echt' ist." Schuh hielte es nicht aus, die Anführungszeichen bei der Echtheit der Kunst wegzulassen.

Gerade wegen ihrer Distanz und ihrer Ambivalenzen hat diese Art zu schreiben etwas merkwürdig Befreiendes, mag sie auch manchen anstrengend erscheinen. Die Anstrengung wird gemildert durch Schuhs Stil. Der ist leicht, weil er einen in einen denkenden Schwebezustand führt, aber nie leichtfertig oder gar leichtgewichtig.

Schuh ist einerseits ein Lehrer, das heißt, er lernt von Text zu Text, und er lässt uns beim Mitdenken das Denken lernen. Und er ist andererseits Entertainer. Seine Texte sind, wie Hausgott Karl Kraus es forderte, "geschriebene (Denk-und) Schauspielkunst". Über das Wort "höhere Heiterkeit" würde Schuh lächeln; aber er versteht sie in uns hervorzurufen.

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Über den Autor

Franz Schuh wurde 1947 in Wien geboren und studierte Philosophie, Geschichte und Germanistik. Er war Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung, Redakteur der Literaturzeitschrift Wespennest und für das von FALTER in Zusammenarbeit mit dem Verlag Deuticke konzipierte Buchprogramm "Edition Falter bei Deuticke" verantwortlich. Es folgten Tätigkeiten bei diversen Rundfunkanstalten, bekannt wurde er auch als Literaturkritiker und Kolumnist. Franz Schuh ist heute Lehrbeauftragter an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie Schriftsteller und Essayist. Angesehen ist der Autor vor allem für seine pointierten Essays, die in drei Sammelbänden zu finden sind, etwa unter dem Titel "Das Widersetzliche in der Literatur". Große Erfolge brachte auch der Prosaband "Schwere Vorwürfe, schmutzige Wäsche". Zuletzt erschienen "Memoiren", "Der Krückenkaktus", "Sämtliche Leidenschaften" und "Fortuna". Mit letzterem Werk knüpft Schuh bewusst an seine kultige Ö1-Radiokolumne "Magazin des Glücks" an.

Alle Bücher von Franz Schuh