Kapital

Roman
682 Seiten, Hardcover
€ 25.7
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783608939859
Erscheinungsdatum 10.10.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Klett-Cotta
Übersetzung Dorothee Merkel
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH
produktsicherheit@klett-cotta.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags


Alle Bewohner der Pepys Road suchen nach ihrem Glück: Roger Yount ist ein erfolgreicher Banker - mit zwei Kindern und einer verwöhnten Ehefrau. Dass er nicht die erwartete 1 Million Pfund Jahresprämie erhält, stürzt die Familie in eine Krise. Nebenan zieht die senegalesische Fußballhoffnung Freddy Kamo mit seinem Vater ein - wird ihm der internationale Durchbruch in einem Premier-League-Club gelingen? Petunia Howe lebte schon in der Pepys Road, als diese noch eine einfache Arbeiterstraße war. Pakistanische Kioskbesitzer stehen unter Terrorverdacht, die nigerianische Politesse ohne Arbeitserlaubnis schreibt Strafzettel und der polnische Handwerker Zbigniew liebt die Frauen, und die Frauen lieben ihn. An einem ganz normalen Tag liegt bei allen stolzen Eigenheimbesitzern dieser Straße eine merkwürdige Nachricht im Briefkasten: »Wir wollen, was ihr habt.« Ein Roman voller Mitgefühl, Humor und Protagonisten, die man nicht mehr missen möchte.

Ein großer unterhaltsamer Gesellschaftsroman, in 20 Sprachen übersetzt, der ein mitfühlendes, humorvolles und hochaktuelles Panorama der Gegenwart über die Top-Themen »Schuldenkrise« und »Gentrifizierung« bietet.


Mehr Informationen
ISBN 9783608939859
Erscheinungsdatum 10.10.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Klett-Cotta
Übersetzung Dorothee Merkel
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH
produktsicherheit@klett-cotta.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Die ganze Welt in einer Straße

Klaus Nüchtern in FALTER 1-2/2013 vom 11.01.2013 (S. 28)

Der Großstadt-Roman der Gegenwart ist John Lanchester mit "Kapital" nicht ganz geglückt

Das Wasser ist kein gutes Sujet für Fische. Über den Fluss, in dem sie schwimmt, hat die Forelle so wenig zu erzählen wie der Karpfen über den Teich, in dessen Schlamm er dümpelt. Interessant wird es, sobald man die Forelle in den Teich und den Karpfen in den Fluss wirft.
Diese Erkenntnis macht sich John Lanchester für seinen jüngsten Roman "Kapital" zunutze. Der 1962 in Hamburg geborene britische Schriftsteller und Journalist delegiert die interes­santesten Beschreibungen von London an jene Figuren, die hier nicht heimisch sind.
An die aus Zimbabwe geflüchtete Politesse, die ein gut geschultes Auge für die soziale Stratifikation von Verstößen wider die Parkordnung hat; an den polnischen Bauarbeiter, der erstaunt feststellen muss, dass die Engländer genauso enthemmt saufen wie seine Landsleute; an das Kindermädchen aus ­Kecskemét, das die Stadt "schrecklich und vulgär, aber auch spannend und schamlos und neu und voller Energie" empfindet; oder an das Fußballwunderkind aus dem Senegal, dem London wie ein megalomanes Potemkin'sches Dorf erscheint.

Das gute Dutzend Protagonisten, das den knapp 700 Seiten starken Roman bevölkert, hat eines gemeinsam: Sie alle wohnen oder arbeiten in der ­Pepys Road. John Lanchester hat die Adresse, die es im realen London gleich zweimal gibt – südlich von Wimbledon und im Stadtteil New Cross – nach Lambeth verlegt.
Dort, am Südufer der Themse (zwischen Vauxhall und Waterloo) haben die Ende des 19. Jahrhunderts für Familien der unteren Mittelschicht errichteten Häuser im Dezember 2007, in dem die Romanhandlung einsetzt, ein Zigfaches ihres einstigen Werts erreicht: "Wenn man ein Haus in der Pepys Road besaß, dann war das so, als befände man sich in einem Spielkasino mit Gewinngarantie. Wohnte man bereits dort, war man reich. Wollte man dort hinziehen, musste man reich sein."
Kein Wunder also, dass die Immobilien Neid und Begehrlichkeiten wecken. Über Monate hin werden die Bewohner der Pepys Road mit anonymen Ansichtskarten behelligt, die ein Foto des jeweiligen Hauses mit der Zeile "WIR WOLLEN WAS IHR HABT" kombinieren; später kommen noch eine wesentlich aggressivere Internetkampagne und Postsendungen hinzu, die den zunächst noch etwas unklaren juristischen Tatbestand endgültig in strafrechtlich relevante Dimensionen katapultieren.
So wie die Häuser stammen auch die literarischen Vorbilder des Romans aus dem Viktorianischen Zeit­alter. Lanchesters sozialpanoramatischer Ansatz mit satirischen Einschlägen erinnert an Dickens, ­Thackeray, ­Trollope & Co. Der Autor selbst nannte in einem Interview darüber hinaus noch TV-Epen der Gegenwart wie "The Wire" und "Breaking Bad", die seiner Ansicht nach ebenfalls an die literarische Tradition des 19. Jahrhunderts anknüpfen, als Einfluss – und er leitete aus diesem Zusammenhang eine Maxime für den Gegenwartsroman ab: "Alles, was man von einem Roman verlangen kann, ist, dass er genauso gut geschrieben ist wie Fernsehen – richtig gutes Fernsehen."
Wer sich die Latte dermaßen hoch legt, läuft natürlich Gefahr, darunter durchzusegeln. Diese Schmach bleibt Lanchester erspart. Aber liegen bleibt die Latte auch nicht. Der Grund hierfür ist nicht so sehr die unterschiedliche Differenziertheit und Dichte der zahlreichen Figuren, sondern vielmehr der Umstand, dass diese meist nur die ihnen zugeschriebene strukturelle Rolle erfüllen, wie der Rezensent des ­Guardian treffend anmerkte: "Im besten Falle verfügen sie über Substanz, ohne lebendig zu werden."
Nichts gegen scherenschnittartige Figurenzeichnung, aber der im Schutze der Anonymität agierende interventionistische Künstler Smitty, bei dem Lanchester an den Graffitikünstler Banksy gedacht haben mag, oder die Gattin des Bankers, der die erhoffte Bonuszahlung von einer Million Pfund mittlerweile schlicht braucht, um nicht vor dem Bankrott zu stehen, sind wenig mehr als klapprige Gerüste, die ein paar Vorurteile ihres Erfinders spazieren tragen.
Selbst dagegen wäre nichts zu sagen, hätte Lanchester hier etwas mehr satirische Fantasie investiert. So sind ihm die geschilderten Caffè-Latte-­Beschaffungsprobleme in ­Hoxton oder die Schuheinkaufsexkursionen nach Tooting lediglich amüsant geraten.

Wesentlich überzeugender sind da der – auch in sexueller Hinsicht – äußerst pragmatisch agierende Bauarbeiter Zbigniew, die ohne Aufenthaltsgenehmigung Strafzettel verteilende Quentina gezeichnet, oder Mary, die gemeinsam mit ihrem Mann ein Mittelstandsleben in Chelmsford führt, bis ihr das vorhersehbare Ableben ihrer Mutter einen Immobilienreichtum in Millionenhöhe in Aussicht stellt, dem sie mit schlechtem Gewissen entgegenblickt.
"Capital", dessen Doppeldeutigkeit von "Kapital" und "Hauptstadt" sich nicht ins Deutsche übertragen lässt, ist ein intelligent gemachter und süffig zu lesender Roman – genau die richtige Lektüre für ein paar ruhige Tage mit unfreundlichem Wetter. Um an die Vorbilder von Charles Dickens bis David Simon ("Homicide", "The Wire", "Treme") heranzureichen, gebricht es ihm allerdings ein wenig an konzeptiver Kühnheit und handwerklicher Raffinesse.

Obwohl Lanchester klugerweise darauf verzichtet, die einzelnen Personen alle zusammenzuführen, werden die ­Handlungsstränge mitunter etwas gar betulich vernäht, sind die Sub-Plots von der pakistanischen ­Familie, die selbstverständlich unter Terrorverdacht gerät, bis zum eingemauerten Koffer voller Geld, der dann auch noch gefunden wird, vor Klischee- und ­Kolportagehaftigkeit nicht immer gefeit.
Hinzu kommt, dass Lanchester dem Leser offenbar nicht allzu viel zutraut. Er beschwert den zwischen auktorialer und personaler Erzählperspektive changierenden Roman mit unnötigen Redundanzen und kaum eingeführte Personen mit einem Beschreibungsballast, unter dem diese zusammenbrechen müssen: "In Marks Innerem tobte ein Tumult. Das war schon immer so gewesen. Tief in ihm drin herrschte Panik und Leere."
Die Übersetzung von Dorothee Merkel trägt das Ihrige dazu bei, dass das Lektürevergnügen nicht ungetrübt bleibt. Merkels Formulierungen sind mitunter übertrieben schnoddrig ("… dass er sich all den Kladderadatsch selbst eingebrockt hatte"; "… weil er hier gerade bis zum Hals in der Scheiße steckte und in einem Affentempo immer tiefer darin versank"), dann kleben sie wieder am Original.
Englische Polizisten aber, die aus der Sicht eines Pakistani beschrieben werden, sind wohl kaum "kaukasischer Herkunft", sondern kaukasischen ­Typus – und ergo schlicht "Weiße".

weiterlesen