Bürokratie

Die Utopie der Regeln
329 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783608947526
Erscheinungsdatum 15.02.2016
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Klett-Cotta
Übersetzung Hans Freundl, Henning Dedekind
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J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger GmbH
produktsicherheit@klett-cotta.de
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Kurzbeschreibung des Verlags


David Graeber, der bedeutendste Anthropologe unserer Zeit, entfaltet eine fulminante und längst überfällige Fundamentalkritik der globalen Bürokratie! Er erforscht die Ursprünge unserer Sehnsucht nach Regularien und entlarvt ihre Bedeutung als Mittel zur Ausübung von Gewalt.

Wir alle hassen Bürokraten. Wir können es nicht fassen, dass wir einen Großteil unserer Lebenszeit damit verbringen müssen, Formulare auszufüllen. Doch zugleich nährt der Glaube an die Bürokratie unsere Hoffnung auf Effizienz, Transparenz und Gerechtigkeit. Gerade im digitalen Zeitalter wächst die Sehnsucht nach Ordnung und im gleichen Maße nimmt die Macht der Bürokratien über jeden Einzelnen von uns zu. Dabei machen sie unsere Gesellschaften keineswegs transparent und effizient, sondern dienen mittlerweile elitären Gruppeninteressen. Denn Kapitalismus und Bürokratie sind einen verhängnisvollen Pakt eingegangen und könnten die Welt in den Abgrund reißen.


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FALTER-Rezension

Von der Bürokratie und der Utopie der Regeln

Rudolf Walther in FALTER 21/2016 vom 27.05.2016 (S. 21)

Was haben Bürokratisierung und Globalisierung gemeinsam? Eine spannende Frage, die von David Graeber leider nicht beantwortet wird

Das Muster ist bekannt: Landet ein Autor einen Bestseller wie David Graeber vor vier Jahren mit „Schulden“, schickt ihn der Verlag mit einem Zweitbuch ins Rennen. Dieses trägt im Falle Graebers den Titel „Bürokratie. Die Utopie der Regeln“. Dessen drei Hauptkapitel entstanden unabhängig voneinander. Zusammenhalten sollen das Buch eine lange Einleitung und ein kurzer Anhang. Ein Buch wurde da­raus trotzdem nicht.
Graeber, Jahrgang 1961, lehrt an der London School of Economics and Political Science. Der Ethnologe ist bekannt geworden durch sein Engagement in globalisierungskritischen Bewegungen wie „Occupy“. Er schreibt seine Bücher als „Anarchist und Anthropologe“. Wie beide Qualifikationen zusammenhängen, sagt er leider nicht, und die Ankündigung des Buches durch den Verlag folgt der Waschmittelwerbung älteren Datums: „David Graeber, der bedeutendste Antropologe (sic! RW) unserer Zeit, entfaltet eine fulminante und längst überfällige Fundamentalkritik der globalen Bürokratie!“
Verlag und Autor gehen also aufs Ganze. Aber das Buch ist weder eine Geschichte noch eine Theorie der Bürokratie. Von den großen Soziologen, die sich mit der Bürokratie auseinandergesetzt haben, zitiert er nur Max Weber und beschränkt sich sonst auf feuilletonsoziologische Aperçus und Klischees von der Stange. So spricht er en passant vom „Zusammenbruch aller Wohlfahrtsstaaten“, obwohl das nicht einmal auf die USA zutrifft, die nie ein Wohlfahrtsstaat waren und mit Obama-Care gerade eine sozialstaatlich fundierte Krankenversicherung einführen.
An keiner Stelle des Buches wird deutlich, was genau Graeber mit „Bürokratie“ meint. Einmal polemisiert er ganz allgemein gegen „die Welt des Papierkrams“, dann gegen den „bürokratischen Kapitalismus“ oder die „räuberische Bürokratisierung“.
Das Buch lebt nicht von Argumenten, Zahlen und Fakten, sondern von Kuriositäten, von denen man nicht ahnen kann, wofür sie stehen: Wer in den USA sein Bankkonto um fünf Dollar überzieht, soll dafür 80 Dollar an Gebühren zahlen. Unter Bürokratisierung fallen für Graeber aber auch differenzierte Studiengänge. So hält er Bibliothekswissenschaft schlicht für überflüssig. Für die Ausbildung zum Bibliothekar genügten zwei Wochen Training am Arbeitsplatz.

Maßlos überschätzt
Maßlos überschätzt Graeber die globalisierungskritischen Proteste seit dem Gipfeltreffen in Seattle (1999). Er hält sie für eine „wirkungsvolle Strategie“, mit der der Internationale Währungsfonds (IWF) aus „fast allen Ländern der Welt verbannt“ worden sei. Im Anmerkungsteil räumt er dann weniger großspurig ein: „Offenkundig konnte die planetarische Bürokratie ihre Position behaupten.“
Die begriffliche Unschärfe hat Methode. „Globalisierung“ setzt Graeber in eins mit „Bürokratisierung“, was eine spannende These wäre, wenn er sie denn ausführte und belegte. Bürokratisierung meint aber auch das Ausfüllen eines 40-seitigen Online-Formulars bei der Einschulung eines Kindes oder den „Zwang“, eine Benutzerkarte vorzuzeigen beim Betreten einer amerikanischen Universitätsbibliothek.

Anthropologische Gemeinplätze
Wohl bedingt durch seine Tätigkeit als Anthropologe, hat Graeber eine fatale Vorliebe für anthropologische Gemeinplätze, die soziale und historische Analysen ersetzen: „Menschen sind soziale Wesen.“ Oder: „Die Art und Weise, wie ein Mensch etwas macht, wird davon bestimmt, was er ist.“ Oder: „Die meisten Menschen sind in der Lage, zumindest oberflächlich zu erkennen, was andere denken oder fühlen.“
Ungefähr so denkt sich auch der Stammtisch die Welt zusammen. Graeber hält es für einen unzumutbaren bürokratischen Zwang, dass Anthropologen „ihre traditionell differenzierte, raffinierte Vorgehensweise in ein Korsett ausdrücklicher Regeln pressen“, das heißt ihre Methoden stringent und nachvollziehbar begründen.
Graeber hat sicher recht, wenn er auf den Zusammenhang von Bürokratie und staatlicher Gewalt hinweist und die Übergriffe der amerikanischen Polizei erwähnt. Aber die Feststellung, dass „Polizisten Bürokraten mit Waffen sind“, bleibt auf der Ebene eines Bonmots, das den Anspruch des Buches – „eine Übung in Gesellschaftstheorie“ zu sein – nicht ansatzweise einlöst.
Der Bürokratie setzt Graeber den Begriff „Fantasie“ entgegen. Institutionalisierte Verfahren sind prinzipiell von „entfremdeter Natur“ und verengen „Möglichkeitshorizonte“ für „reale Demokratie“, die Grae­ber bei den Gipfelprotesten 1998–2003, im Arabischen Frühling und bei den Protesten in Spanien und Griechenland am Werk sah.“
Was inzwischen aus diesen „Realitäten“ geworden ist, diskutiert der Autor nicht. Dafür wartet er an anderer Stelle mit einer fantasievollen etymologischen Erklärung auf: „Realistisch“ zu sein, Realitäten anzuerkennen, heiße, „Gewaltandrohung ernst zu nehmen“.
Das spiegle sich auch in der Sprache. Die Wurzel für das englische Wort „real estate“ („Gebäude“) sei nicht das lateinische Wort „res“ („Sache“), sondern das spanische Wort „real“ („königlich“). Daraus zieht er den abenteuerlichen Schluss: „Das gesamte Land innerhalb eines Herrschaftsgebiets eines Königs gehört dem Monarchen – rein rechtlich ist dies noch immer der Fall. Deshalb besitzt der Staat auch das Recht, seine Regeln und Verordnungen durchzusetzen“, was „letztlich immer“ auf „Gewalt“ hinauslaufe.
Die „radikale Vereinfachung“ und die „kalkulierte Ignoranz“, zu denen sich Grae­ber programmatisch bekennt, sind definitiv keine guten Rezepte für eine soziale Theorie.

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