

Thomas Leitner in FALTER 29/2021 vom 23.07.2021 (S. 28)
Im Jahr 1967 in Fortsetzungen in der New Yorker jiddischen Tageszeitung Forverts veröffentlicht, wurde Isaac B. Singers Roman erst 2017 in Buchform auf Englisch publiziert und erscheint nun 30 Jahre nach dem Ableben des Nobelpreisträgers auf Deutsch. Schwarzhumoriger und bissiger als sonst schildert er die Geisteswelt der jüdischen Diaspora in den USA, die Auseinandersetzung mit Talmud und Tora grenzt an Blasphemie.
Wenig gewinnend die Hauptfigur: ein falscher Prophet, der sich aus Existentialismus, Erotik und Psychoanalyse eine Philosophie gebastelt hat und seiner vornehmlich weiblichen Anhängerschaft als Genie erscheint. Auch die Entourage – Schlitzohren und Damen zwischen Hysterie und Esoterik – ist wenig sympathisch. In der Darstellung als Frauenheld klingt Selbstironie an. Mit schwarzer Tinte wird hier eine Gesellschaft beschrieben, die am Rande des Vulkans tanzt.