

Sebastian Fasthuber in FALTER 36/2021 vom 10.09.2021 (S. 32)
Fünf Österreicher unter den besten 20, lautet heuer die Bilanz der Longlist beim Deutschen Buchpreis. Ein Name war nicht mal hartgesottenen Viellesern ein Begriff: Peter Karoshi. Der aus Graz stammende, in Wien lebende Historiker und Kulturwissenschaftler ist bis dato im Literaturbetrieb unauffällig geblieben. 2009 veröffentlichte er den Kiffer-Roman „Grünes, grünes Gras“, der jedoch kaum Beachtung fand. Danach herrschte Schweigen. Die Novelle „Zu den Elefanten“ hebt mit einem antriebslosen Ich-Erzähler an, der es nicht darauf anlegt, sympathisch rüberzukommen. Auch sein Interesse daran, seine naja laufende Ehe zu retten, könnte größer sein.
Der Mann in den mittleren Jahren ist sehr mit sich selbst beschäftigt. Umso mehr überrascht es, dass er eines Tages zusammen mit seinem Sohn aufbricht. Sie wollen die Route bereisen, auf der zur Zeit Kaiser Maximilians II. ein Elefant von Spanien über das Mittelmeer und die Alpen nach Wien gebracht wurde.
Ein Vater-Sohn-Trip als einschneidendes, verbindendes Erlebnis? Keine Spur. Karoshi ist ein hinterfotziger Autor, der einem immer wieder den Boden unter den Füßen wegzieht. Zuerst verschwindet der Sohn. Was macht sein Papa? Er sucht jedenfalls nicht verzweifelt nach dem Kind, das erst im Volksschulalter ist. Später begegnet er ihm wieder, nur trägt der Bub mittlerweile Vollbart. Nach einem Drittel reißt der Handlungsfaden ab und alles driftet ins Surreale.
Wenn man akzeptiert, dass Plausibilität in dem Text nicht einmal eine Nebenrolle spielt, ist „Zu den Elefanten“ ziemlich super. Karoshi hat sprachlich etwas drauf. Streckenweise lässt er seinen Ich-Erzähler zwar zu sehr von der Leine. Andererseits hat er Spaß mit ihm, nimmt ihn nicht zu ernst. Wie auch das Buch literarisch ambitioniert ist, seinen eigenen Ehrgeiz jedoch beständig ironisiert. Peter Karoshi zeigt wenig Ehrgeiz Austria’s Next Großschriftsteller zu werden, sein Platz ist zwischen den Stühlen. Wahrscheinlich hat ihn die Buchpreis-Nominierung selbst am meisten überrascht.