

Baywatch mit Kokos und der Geruch von Fäulnis
Stefanie Panzenböck in FALTER 37/2024 vom 13.09.2024 (S. 30)
Anja und Magda sind beste Freundinnen. In ihrer Jugend verbrachten sie jeden Samstag in ihrem Stammlokal, dem Café Ulli, tranken Malibu Orange und rauchten Memphis Blue. Sie "haben das damals total edel gefunden, den Kokosgeruch, haben sich gefühlt wie in Baywatch", schreibt Ulrike Haidacher in ihrem zweiten Roman (Lesung am 12.9. um 19 Uhr im o*books Wien). Zu Beginn wartet Anja, die, Anfang 30, ihren Job als Krankenschwester gekündigt hat und wieder zu ihren Eltern gezogen ist, auf Magda. Im Café Ulli, das auch im 21. Jahrhundert noch Getränke mit dem Namen "Haxenspreizer" verkauft, findet eine Faschingsparty statt. Doch aus dem Mädelsabend wird nichts. Volker, Magdas neuer Freund, ist dabei.
In "Malibu Orange" geht es vordergründig um eine junge Frau, in deren Leben sich in kurzer Zeit fast alles verändert hat. Anja, die immer bis zur Erschöpfung gearbeitet hat, ist krank geworden. Und ohne Job ist sie wieder auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen.
Haidacher, die 15 Jahre lang mit ihrer Kollegin Antonia Stabinger (siehe Falter:Woche, Seite 7) als Kabarettistin auf der Bühne stand, ist eine großartige Erzählerin. Zum Teil umgangssprachlich und immer präzise, führt sie aus der Gedankenwelt ihrer Protagonistin in unterschiedliche Lebensbereiche: Sie schreibt über die Überlastung des Pflegepersonals, über den Druck auf Frauen, doch endlich Kinder haben zu wollen, und über eine zärtliche Beziehung zwischen Enkelin und Großmutter.
Packend erzählt Haidacher von Magdas Veränderung. Erst irritiert, schließlich fassungslos beobachtet Anja, wie ihre Freundin in Abhängigkeit von ihrem neuen Partner gerät, der sie von ihrem bisherigen Leben Schritt für Schritt isoliert. Haidacher zeichnet das Verhalten eines Täters nach, der sich erfolgreich als Opfer inszeniert. Langsam dringt der Geruch von Fäulnis in die Welt der beiden Frauen ein.