Gesicht im blinden Spiegel

380 Seiten, Hardcover
€ 28
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783701312795
Erscheinungsdatum 26.08.2020
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Otto Müller Verlag GmbH
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Otto Müller Verlag GmbH
Ernest-Thun-Straße 11 | AT-5020 Salzburg
info@omvs.at
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Johannes ist jung, musikalisch und kriegsbegeistert. Mit sechzehn Jahren zieht er im Juli 1866 als Trompetenspieler in die Schlacht von Königgrätz zwischen der österreichischen und preußischen Armee. Verletzt überlebt er, fortan fehlt ihm jedoch ein Teil von Wange und Kinn. Der junge Mann lernt zu leben mit dem, was nicht mehr da ist. Er stellt sich Spott und Ablehnung, erlernt den Beruf des Kunstschmieds und stärkt sich an seinem handwerklichen und kaufmännischen Geschick. Halt findet er in der Musik – er hat zum Cello gewechselt – und bei Valerie, seiner Liebe, die ihm zunächst unerreichbar scheint. Mit großem Gespür für ihre Figuren erzählt Brita Steinwendtner in diesem atmosphärisch dichten Roman das zeitlose Schicksal eines Mannes, dem es gelingt, den widrigen Zeitläuften die Stirn zu bieten und seine pazifistische Haltung zu wahren. „Gesicht im blinden Spiegel“ entwirft das weit gespannte Panorama einer fesselnden Familien- und Zeitgeschichte über mehrere Jahrzehnte und führt in unterschiedliche Landschaften – vom „Böhmischen Paradies“ über das Sensengebiet des österreichischen Steyr-Tals bis in das „weiße Haus“ von Venedig. Es ist eine vielstimmig erzählte Geschichte von Krieg und trügerischem Frieden, neuen Lebensentwürfen in der Fremde und vom Heimkommen. Ein Roman über die Liebe und die Wiederkehr des Sommers.

Mehr Informationen
ISBN 9783701312795
Erscheinungsdatum 26.08.2020
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Otto Müller Verlag GmbH
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Otto Müller Verlag GmbH
Ernest-Thun-Straße 11 | AT-5020 Salzburg
info@omvs.at
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Chlum oder Koniggrätz

Stefanie Panzenböck in FALTER 43/2020 vom 21.10.2020 (S. 14)

Johannes Czermak ist 16, als Preußen gegen Österreich 1866 in den Krieg zieht. Er lebt mit seiner Familie in Böhmen, freiwillig meldet er sich zum Dienst in der k.k. Armee und bläst dort die Trompete. Zwei seiner Freunde schlagen die Trommel. „Sie wussten nicht, was das ist: eine Schlacht“, heißt es in „Gesicht im blinden Spiegel“, dem jüngsten Roman der Salzburger Schriftstellerin Brita Steinwendtner.

Am 3. Juli fällt die Entscheidung: „Der Sieger hat das Vorrecht, einer Schlacht den Namen für immer zu geben. Viele Dörfer im Umkreis hätten diesen zweifelhaften Ruhm verdient: […] Am meisten wohl Chlum, wo die erbittertsten und verlustreichsten Kämpfe stattgefunden hatten. Eine Schlacht von Chlum jedoch hätte keinen Klang gehabt […]. In ungefähr zwölf Kilometer Entfernung liegt eine fürstliche, eine blühende, stolze Stadt: Königgrätz. Und der König nannte das blutige Geschehen vom 3. Juli des Jahres 1866: ,Die Schlacht von Königgrätz‘.“

Auf knapp 370 Seiten begleiten wir Johannes durch die Jahrzehnte. Die großen Zusammenhänge werden klar umrissen, die Biografie eines Mannes, der den Krieg niemals loswird, fügt sich als Herzstück in die Erzählung. Und der Leser weiß, was, der Protagonist nur ahnen kann: dass am Ende ein neuer Krieg stehen wird.

Johannes überlebt die Schlacht von Königgrätz schwer verwundet und wird zwei Jahre von einem Ritter des Johanniterordens gepflegt. Sein rechter Unterkiefer ist zertrümmert, auch ein Teil der Lippen fehlt. Er kehrt zu seiner Familie zurück und wird Schmied. Einer seiner Brüder schließt sich den tschechischen Nationalisten an, die Schwester heiratet einen Deutschnationalen. Johannes versucht, die Extreme zu vermeiden. Seine große Liebe ist die Frau seines zweiten Bruders, der er sich vorsichtig annähert. Aus Böhmen zieht er nach Steyr, eine Reise nach Venedig kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs bringt ihn der Angebeteten näher.

Der Roman hat oft etwas Märchenhaftes, die Grausamkeiten leben auf in einer poetischen Sprache, kurze, eindringliche Sätze bringen die Ereignisse wieder auf den Punkt. Bisweilen steht am Ende eines Absatzes allerdings die eine blumige Wortgruppe zu viel, die die Erzählung überlastet.

Das Buch ist in fünf Abschnitte geteilt, wovon jeder mit einem „Prélude“ eingeleitet wird. Diese fünf kurzen Texte schaffen eine eigene Ebene und haben den Besuch der Erzählerin in einem Museum zum Inhalt, wo sie die Panoramaprojektion „More sweetly play the dance“ des südafrikanischen Künstlers William Kentridge betrachtet. Eine Prozession zieht über die Leinwand. „Eine Gestalt taucht am rechten Bildrand auf, sie ist in ein langes, weites Gewand gehüllt, der Mann tanzt in wilden Drehungen gegen den Strom, gegen die Erwartung, tanzt und wirbelt über die Bildfläche und verschwindet als Ahnung dessen, was bevorsteht.“ Die tanzenden Schatten werden zum Symbol für die Endlosschleife der Geschichte, aus der sich die Autorin eine Erzählung greift und sichtbar macht.

Das Spiel mit Symbolen ist Steinwendtner großartig gelungen. Die Bilder, die sie findet, tragen den Text von der ersten bis zur letzten Seite. Das gilt etwa für die Figur des Johanniters. Er erscheint als Gestalt in einer schwarzen Kutte auf dem Schlachtfeld, auf dem er Johannes findet, und bleibt, als Tod verkleidet, wie eine Art Schutzengel an dessen Seite. Irgendwann verschwindet er.

Das stärkste Bild ist Johannes’ Versehrtheit. Diesem fehlt nicht nur ein Teil seines Gesichts, der Krieg hat ihn vollständig durchdrungen. Umso mehr setzt er sich für ein friedliches Zusammenleben ein. Das ist auch die klare Botschaft Steinwendtners: „Gesicht im blinden Spiegel“ ist ein Buch für den Frieden. Das Vorbild, so scheint es, ist kein Geringeres als Bertha von Suttners „Die Waffen nieder!“. Ein anachronistisches Unterfangen im aktuellen Literaturbetrieb. Der Mut dazu hat sich gelohnt.

weiterlesen