Es wäre schön, kein Schriftsteller zu sein

Tagebücher
400 Seiten, Hardcover
€ 29
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ISBN 9783701715947
Erscheinungsdatum 01.09.2012
Genre Belletristik/Briefe, Tagebücher
Verlag Residenz
Nachwort von Daniel Kehlmann
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HerstellerangabenAnzeigen
Residenz Verlag GmbH
Mühlstraße 7 | AT-5023 Salzburg
info@residenzverlag.at
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Kurzbeschreibung des Verlags

Ein Meister im Staunen, eine Null im Glauben: die Zeitgenossenschaft eines Unzeitgemäßen.„Ich war ein Meister im Staunen und eine Null im Glauben“, schrieb er einmal über sich selbst. In dieser Haltung, gleichermaßen offen und radikal skeptisch, richtete er sich über Jahrzehnte auf seinem Beobachtungsposten ein, einem Haus am Hang des Salzburger Festungsbergs, zurückgezogen, aber nicht isoliert, abgekehrt, aber alles andere als gleichgültig. Mit Scharfsinn und Schärfe, verspielt in seinem Witz und kompromisslos in seiner Ernsthaftigkeit bezeugte er seine Haltung – gegen allen Dogmatismus, gegen Banalität und Größenwahn. Davon spricht jedes seiner Bücher, aber ganz besonders die bisher unveröffentlichten Tagebücher, die jetzt endlich in einer Auswahl vorliegen. Betrachtungen und Selbstbetrachtungen, wach, gereizt, brillant, höhnisch, verträumt und schonungslos bis zu dem Punkt, an dem die Parkinson-Erkrankung ihr Zerstörungswerk beginnt. Dieses Buch macht auf bedrückende wie beglückende Weise deutlich, wie sehr Gerhard Amanshauser unserer Zeit fehlt.

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ISBN 9783701715947
Erscheinungsdatum 01.09.2012
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FALTER-Rezension

Sagen, was niemand sagt

Armin Thurnher in FALTER 20/2013 vom 17.05.2013 (S. 31)

In den Tagebüchern von Gerhard Amanshauser ist ein eleganter, aber unerbittlicher Schriftsteller zu entdecken

Gerhard Amanshauser (1928–2006) ist ein ebenso großartiger wie unbekannter Autor. Er hat zu Lebzeiten 29 Bücher publiziert, obwohl er erst mit 40 Jahren seine Karriere als Schriftsteller begann. Das Wort Karriere führt in die Irre. Amanshauser stellte sich selbst als Schriftsteller dar, eine Tätigkeit, die er nicht gerade widerwillig, aber doch mit einem Äußersten an Selbstkritik erfüllte. Worauf der Titel seiner Tagebücher anspielt: "Es wäre schön, kein Schriftsteller zu sein".
Schön, dass Gerhard Amanshauser einer war. Diese Tagebücher, das bei weitem umfangreichste Werk Amanshausers, scheinen das ihm angemessene Genre. Er zog kurze Formen vor. Daniel Kehlmann, der Amanshauser im Falter vor mehr als zehn Jahren porträtiert hat, merkt in seinem Vorwort zu den Tagebüchern an, Amanshauser sei ein höflicher Schriftsteller gewesen.

Das ist falsch. Amanshauser schreibt elegant, aber unerbittlich. Über das Drehbuch zu seinem prachtvoll satirischen Roman "Schloss mit späten Gästen" hält er fest: "Ich blieb allein auf der Terrasse, um die Idiotien meines Drehbuchs zu schreiben; dabei beneidete ich die Katze, die sich strecken und drehen konnte, wie sie wollte, ohne Auftrag und Ziel (…) Es gelang mir tatsächlich, in Carbuta das Gewäsch meines Drehbuchs ,nieder'zuschreiben, während ein Gedicht über die Fliegen sich nicht reimen wollte."
Auf der gleichen Seite findet sich eine Notiz über ein Gespräch mit einem Physiker, der die Gravitation aus "einer Potentialdifferenz zweier Relationsenergien, eine Kern- und eine Mantelrotation" ableitet … Amanshauser widerspricht, es gebe Gravitation ohne Rotationswirkungen. "Seine Antwort auf diesen Einwand war mir unverständlich." Amanshauser studierte Physik und Mathematik, Germanistik und Anglistik, fing dann einen Beruf als Englischlehrer an, den er aber im Alter von 40 Jahren aufgab.
Frühe Erfolge stellten sich ein. Karl-Markus Gauß berichtet, Thomas Bernhard habe sich beschwert – ausgerechnet der! –, dass ihm dieser Amanshauser alle Literaturpreise wegschnappe. Er war Residenz-Autor, gefeiert, aber schwer verkäuflich, sodass er "auf unschöne Weise aus dem Residenz Verlag verabschiedet" wurde (Kehlmann).
Das Tagebuch erklärt: "Wenn ich denke, dass alles Konfuse und Gequälte, was diese Grazer (die Gruppe um Alfred Kolleritsch, Anm.) auswerfen, gelobt und gedruckt wird und dass vor 2 Wochen der Lektor (Jochen) Jung, der meinen Gedankengängen nicht folgen kann, ein Manuskript von mir mit der Bemerkung ablehnte, es sei matt und sage nichts Neues – dabei geht es mir darum zu sagen, was niemand sieht: die Problematik dieses ganzen Kunst- und Literaturbetriebs, der genau die Hinfälligkeit unserer Lebensweise spiegelt, aufzudecken, zu sagen, was niemand sagt – und der Lektor meint, dies alles sei ihm nicht neu, ihm, dessen ganzes Leben dem Schwindel dient." Die Bibliothek der Provinz legte später Amanshausers Bücher in schönen Ausgaben auf; neuerdings erscheinen sie wieder – wie die Tagebücher – bei Residenz.

Amanshauser war Exzentriker. Gauß berichtet, er habe ihn des Öfteren bei Vernissagen auf dem Kopf stehen sehen. Fotografien zeigen einen Bonvivant, der sich mit den Kollegen Artmann und Rosei bei Lesungen amüsiert. Kein Asket: Eines Morgens begrüßt er eine Unbekannte auf seiner Terrasse; dann erinnert er sich, sie am Vorabend bei einem Ball aufgelesen zu haben. Zu viel getrunken.
In den Tagebüchern geht es um Lesen und Schreiben, aber auch um den Garten im Haus am Salzburger Mönchsberg, das der Autor geerbt hatte. Hier erlebt er Wetter, Jahreszeiten, Pflanzen, Wolken. Hier notiert er seine messerscharfen Beobachtungen über Literatur, ungerecht, wahr und gnadenlos sich selber gegenüber. Anders als andere Große verschweigt er seine Zeit als Hitlerjunge nicht: "Ganz nahe rückten wir an den Wurstelprater heran … Ich hatte meinen Auftritt gründlich verdorben: Denn ich trug nicht das Trikot des Artistenkinds, sondern Uniform und Abzeichen der Mörder." ("Als Barbar im Prater").
Seine immense Bildung – er sprach und schrieb Chinesisch – wird nie aufdringlich. Und er besitzt jenen schneidenden Witz, den es braucht: "Der Weltuntergang wurde, wie sich herausstellte, aus höheren Rücksichten verschoben; es steht aber fest, dass er nachgeholt wird."
Viele, ja die meisten Schriftsteller schreiben nicht besonders gut. Dieser hier tut es. "Wenn die Üppigkeit des Sommers vergangen ist: Transparenz eines heiteren Septembertags, das Grün gleichsam verdünnt, mit ersten gelblichen Spuren durchsetzt, hinüberzögernd in den Herbst. So müsste mein Stil sein." Lesen Sie diese Tagebücher (von seinem Sohn Martin hervorragend ediert), lesen Sie Amanshauser.

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