

Habergeiß und Tattermänner
Gerlinde Pölsler in FALTER 48/2017 vom 29.11.2017 (S. 47)
Zu Weihnachten, da sollen die Tiere sich in Menschensprache unterhalten. Der Mensch lässt das Lauschen dabei besser bleiben. Ein Bauer tat es natürlich trotzdem. Dass das, was er da hörte, erfreulich gewesen wäre, kann er nicht behaupten. „Gut, jetzt behauptet er gar nichts mehr“, schreibt Robert Preis, „und das kam so.“
Der Tyrolia-Verlag hat seiner Reihe mit Sagen aus allen Bundesländern zwei neue Titel hinzugefügt: „Sagen aus der Steiermark“ und „Das Sagenbuch zum Stephansdom“. Sagen feiern nicht gerade Hochkonjunktur. Sie sind regionale Angelegenheiten, daher werden sie weder im großen Stil verfilmt, noch tauchen ihre Figuren auf Schultaschen auf. Dabei haben Gestalten wie die Drud, die Habergeiß und natürlich der Teufel ihren Reiz. Es sind raue, unheimliche Geschichten, oft steht grinsend der Tod am Wegesrand. Vor allem die steirischen Sagen, die Robert Preis seit Jahren sammelt, spielen in dunklen Ställen, auf abgelegenen Almen und eisigen Berghängen. Das passt für lange Winterabende auf der Couch.
Etwas gutmütiger kommt das Sagenbuch zum Stephansdom daher, was sich schon an den Illustrationen zeigt. Teufel sind ebenfalls am Werk, aber auch gute Engel und ein Zahnwehherrgott. Barbara Schinko erzählt zusätzlich zu den jahrhundertealten Geschichten drei neu erfundene im Sagenstil.
Der besondere Reiz aller Sagen: Man kann die Schauplätze besuchen: das Gitter der Tattermänner im Stephansdom, den Jungfernsprung in Graz-Gösting. Ist ja fast wie Geocaching.
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