Wir sind gekommen, um zu bleiben

Deutsche in Österreich
168 Seiten, Taschenbuch
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ISBN 9783707603057
Erscheinungsdatum 01.11.2009
Genre Belletristik/Anthologien
Verlag Czernin
Herausgegeben von Eva Steffen
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HerstellerangabenAnzeigen
Czernin Verlags GmbH
Kupkagasse 4/3 | AT-1080 Wien
office@czernin-verlag.com
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Kurzbeschreibung des Verlags

Wie geht es ihnen? Hier? Das ist die Frage, die wir Deutschen stellten, die früher oder später beschlossen haben, in Österreich zu leben.

So vielfältig die Biografien, so vielfältig sind die Dinge, die diese Menschen über Österreich und ihre Erfahrungen mit, Erlebnisse in und Überlegungen zu diesem Land schon immer sagen wollten. In „Wir sind gekommen, um zu bleiben“ sollen die Deutschen zu Wort kommen. Ausgehend von jeweils einem bestimmten Thema, anhand dessen sie ihrem zweifelhaften oder ausgezeichneten Verhältnis zu Österreich Ausdruck verleihen, sprechen die Autorinnen und Autoren über ihre ganz persönliche Liebe und manchmal auch Hassliebe zu diesem Land. Deutsche und Österreicher – ein uraltes Thema, gleichzeitig aktueller denn je und scheinbar unerschöpftlich ist die Diskussion über das Verhältnis von Österreichern und Deutschen.

Mit Beiträgen von Peter Blau, Georg Brockmeyer, Detlev Eckstein, Brigitte Fassbaender, Birgit Fenderl, Katja Gnann, Dorothee Hartinger, Christiane Hartnack, Jochen Jung, Ulrich H. J. Körtner, Wolfgang R. Langenbucher, Oliver Lehmann, Katrin Mackowski, Eva Menasse, Dirk Merbach, Rubina Möhring, Gundula Rapsch, Bettina Reiter, Peter Roos, Tex Rubinowitz, Konstanze Schäfer, Fred Schreiber, Nicole Spilker, Dirk Stermann, Charlotte Sucher, Reinhard Urbach, Thomas Askan Vierich und Christopher Wurmdobler.

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ISBN 9783707603057
Erscheinungsdatum 01.11.2009
Genre Belletristik/Anthologien
Verlag Czernin
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FALTER-Rezension

Vom Schmerz, in der Alpenrepublik Piefke zu sein

Wolfgang Luef in FALTER 49/2009 vom 04.12.2009 (S. 20)

Im charmanten Sammelband "Wir sind gekommen, um zu bleiben" ergründen deutsche Migranten ihr Fremdsein in Österreich

Steigen Sie aus? Die Frage kann einem Wiener in Deutschland richtig fehlen. Verzeihung, abgehen kann sie einem. Während einer U-Bahn-Fahrt in München, Hamburg oder Berlin fragt einen niemand, ob man den Wagen bald verlässt. Weil es niemanden interessiert. Die Aussteigwilligen, denen man im Weg steht oder sitzt, sagen "Entschuldigung" oder "Darf ich bitte durch?", oder sie schieben sich einfach vorbei. "Steigen Sie aus?" – das ist eine österreichische Frage.

Was dem Österreicher im Ausland abgeht, überrascht den deutschen Migranten. "Ja, was wollen die denn hören?", schreibt Tex Rubinowitz, Zeichner, seit 1984 in Wien, kein echter Deutscher mehr, aber auch noch kein Österreicher. "Die Frage ist eine verlogene Aufforderung, beiseite zu gehen, weil man aussteigen möchte." Das stimmt zwar. Aber ein Österreicher würde das wohl höflicher sagen.
"Wir sind gekommen, um zu bleiben" heißt der von Eva Steffen herausgegebene Band, in dem Deutsche über ihr Leben in Österreich nachdenken. Die Debatte wird gerade in den vergangenen Monaten wieder intensiver geführt, meist jedoch aus österreichischer Sicht, Stichwort Studienplatzmangel. Und es stimmt: Jedes Jahr zieht es mehr Deutsche hierher, nicht nur zum Studium. Viele sind gekommen, um zu bleiben, und hören dennoch nie auf, sich hier fremd zu fühlen. Warum das so ist, ergründen 28 Autoren in kurzen Beiträgen.
Der Charme des Bandes liegt in seiner Dichte: 28 Texte auf 168 Seiten, da bleibt kein Platz für den Anspruch, den Österreichern das Österreichische endgültig zu erklären. Die Beiträge werfen bloß einige Schlaglichter, thematisch eingeschränkt, persönlich gefärbt. Das funktioniert trotz einiger Klischees und Redundanzen, weil die Auswahl der Autoren gut gelungen ist – und das Buch ist dort am unterhaltsamsten, wo die Essays zu persönlichen Erzählungen werden, die Analysten sich zu Liebeserklärungen hinreißen lassen und Beobachtungen zu Polemiken geraten.
Dirk Stermann etwa verfasst ein rasantes Tschecheranten-Dramolett, das im Wiener Café Anzengruber spielt. Ein Österreicher sinniert darin über die schiere Größe Deutschlands. Zehnmal so viele Menschen hat es dort, und trotzdem nur einen Staat, nur eine Kanzlerin. "Von mir gibt's in Deutschland zehn, und ich muss hier alles alleine machen." Ein schöner, ein österreichischer Satz.
Jene österreichische Kopie des indischen Kastensystems, die etwa die Psychoanalytikerin Bettina Reiter der Wiener Gesellschaft attestiert, kommt allerdings nicht ohne Klischees aus: Abonnenten der philharmonischen Konzerte würden sich als Angehörige der Bürgerkaste outen, während Sozialdemokraten lieber zu den Symphonikern gehen. Es mag zwar vereinzelt verstaubte Räume geben, in denen Derartiges konserviert wird. Mit der Wiener Realität haben sie wenig zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem gleich von mehreren Autoren karikierten Auszeichnungswahn, der manischen Erwähnung von Hof-, Senats- oder Kommerzialräten. Außerhalb der Wiener Ringstraße ist das längst zum hohlen Witz verkommen, allenfalls als Klischee überlebensfähig, ansonsten akut vom Aussterben bedroht. Das Gros der Autoren bewohnt und belebt eben doch Kernwien, nicht Kernösterreich.
Vielleicht ergeht es dem leidigen Wort "Piefke" bald ähnlich wie den Hofräten. Es ist mittlerweile 150 Jahre her, dass der preußische Kapellmeister Gottfried Piefke in Gänserndorf den Königgrätzer Marsch dirigierte und damit den Hass von Generationen auf seinen Namen zog. In Deutschland ist Piefke ein nicht gerade häufiger, aber stinknormaler Nachname. Und in Österreich? "Piefke sein kann manchmal wehtun", schreibt der Journalist Peter Blau. Wenn er etwa von einigen Neo-Landsleuten gezwungen wird, das Wort Powidltatschkerl auszusprechen. So führt der Österreicher einen beliebigen Vertreter seiner liebstgehassten Minderheit vor.
In Deutschland läuft das bekanntlich umgekehrt. Der Österreicher soll hier nicht versuchen, etwa die Worte Teigtasche oder Pfannkuchenstreifen ordentlich auszusprechen, obwohl er sich jeweils bereits vor dem ersten Laut, nämlich schon beim "t" oder beim "pf", unweigerlich als Abkömmling der – so heißt es drüben bisweilen wirklich – Alpenrepublik entlarven würde. Nein. Er soll bitte nur irgendetwas Österreichisches sagen. Powidltatschkerl zum Beispiel, oder Frittate. Leuchtende Augen. Wie charmant! Wie süß! Und der solcherart beglückte Deutsche merkt dann zwangsläufig an, dass er "unbedingt wieder mal nach Wien fahren" müsse.
"Die Deutschen lieben uns", schreibt die in Berlin lebende Österreicherin Eva Menasse. Sie hält es für eine "erschütternde Erkenntnis", dass man in Deutschland nicht einmal Hochnäsigkeit oder Abschätzigkeit für den kleinen Nachbarn übrig hat, von der Angst vor einer Österreicher-Invasion ganz zu schweigen.

Es ist erschütternd, dass man uns mag. Wieder so ein österreichischer Satz. Überhaupt, die Mieselsucht. Schriftsteller Thomas Askan Vierich hat darüber den lesenswertesten Beitrag des Buches verfasst. Er spielt sich in Wirtshäusern ab. "Gäbe es das Wirtshaus nicht, es wäre nicht zum Aushalten. Das Leben, die Leute, Österreich." Deutschland, schreibt Vierich, sei noch schlimmer. Dort gebe es nicht einmal Wirtshäuser. Das behauptet er mit Kalkül. Denn ein Piefke, der über Deutschland herzieht, wird umarmt, gleichsam als halber Österreicher willkommen geheißen. Im Wirtshaus bekommt Vierich, wenn er wieder einmal besonders schlecht über seine Landsleute spricht, ein tröstliches "So schlimm seid ihr eh nicht" zugeraunt. Im allerbesten Fall sogar: "Bist eh kein Piefke. Magst noch a Achterl?"

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