Als der Golem die Augen schloss

304 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783707608861
Erscheinungsdatum 30.09.2025
Genre Belletristik/Historische Romane, Erzählungen
Verlag Czernin
Vorwort Mikhail Krutikov
Übersetzung Andrea Fiedermutz
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Czernin Verlags GmbH
Kupkagasse 4/3 | AT-1080 Wien
office@czernin-verlag.com
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Kurzbeschreibung des Verlags

1903 ereignet sich im damaligen russischen Kaiserreich ein Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung, das als »Massaker von Kischinjow« in die Geschichtsbücher einging und heute weitgehend vergessen ist.

In »Als der Golem die Augen schloss« erinnert der auf Jiddisch schreibende Boris Sandler an die 49 Toten und hunderten Opfer des Pogroms und ergründet die ihm vorausgegangenen Hetzkampagnen und ihre nicht nur in Osteuropa bis heute spürbaren Nachwirkungen. Sein historischer Roman zeugt aber nicht nur von antisemitischen Ressentiments und Gewaltbereitschaft der Täter und Zuschauer, sondern entwirft zugleich ein lebendiges und unsentimentales Zeugnis vom einstigen Leben im Schtetl und dem multikulturellen Reichtum der jüdischen Kultur- und Geistesgeschichte.

»Die Städte und Dörfer ruhten. Menschen und Tiere hatten sich nach den Anstrengungen eines Tages endlich in einem Traum verloren, lang wie die Nacht und kurz wie das Leben. Selbst Gott schien nach seinen Mühen für die Welt einen Moment ein Nickerchen zu machen … Ein stiller unschuldiger Augenblick am Vorabend eines blutigen Massakers.«

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ISBN 9783707608861
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FALTER-Rezension

Mob und Mord, Masse und Macht

Klaus Nüchtern in FALTER 42/2025 vom 15.10.2025 (S. 15)

m April 1903 kam es in Kischinew – heute die moldawische Hauptstadt Chișinău, damals Zentrum des jüdischen Lebens im russischen Zarenreich, in dem die Juden 46 Prozent der Bevölkerung stellten – zu einem Pogrom, das 49 Tote und 500 Verletzte forderte und im Zuge dessen 700 Häuser zerstört wurden. Auslöser des äußerst grausamen Massakers war das haltlose Gerücht, demzufolge ein 14-jähriger christlicher Bub in der 40 Kilometer entfernten Kleinstadt Dubossary (heute: Dubăsari) einem von Juden verübten Ritualmord zum Opfer gefallen war.

Der jiddische Schriftsteller Boris Sandler, 1950 im heute moldawischen Bălți/Beltz geboren und 1992 nach Israel ausgewandert, hat den Fall zum Thema seines 2004 im Original veröffentlichten Buches „Als der Golem die Augen schloss“ gemacht.

Die dieser Tage erschienene deutsche Übersetzung wird im Klappentext als Roman ausgewiesen, nicht aber auf dem Titelblatt. Das hat gute Gründe, denn der Autor hat sowohl historische Quellen recherchiert als auch seiner literarischen Fantasie freien Lauf gelassen. Das gilt zwar für das Genre des historischen Romans generell, entbindet aber nicht von der Frage, in welchem Verhältnis Fakten und Fiktion stehen und was die belletristische Bearbeitung historischer Ereignisse überhaupt leistet.

Der Titel des „Romans“ (bleiben wir einmal dabei) spielt auf jenes Wesen der jüdischen Mystik an, das in einer neuzeitlichen Version vom Rabbi Löw aus Lehm erschaffen und zum Leben erweckt wird, auf dass es die Juden Prags vor Pogromen bewahre.

Wie schon Elias Canetti in seinem Opus magnum „Masse und Macht“ (1960) sucht auch Sandler in seinem Buch – der „Titelheld“ tritt übrigens lediglich in einer symbolträchtigen kleinen Szene auf – zu ergründen, wie und warum Individuen zu einem Mob verschmelzen, der als eine Art Meta- und Mega-Subjekt einem eigenen Willen und eigenen Gesetzen zu folgen scheint.

Der analytische Gehalt des Romans fällt diesbezüglich eher dünn aus. An der Figur des jungen Beamten Roman Trofimov, aus dessen – authentischen? – Tagebüchern wiederholt zitiert wird, soll gezeigt werden, wie eine zunächst integre und gegenüber den antisemitischen Gerüchten skeptische Person zusehends infiziert wird: „Der Mob hielt den Atem an. […] Roman, dicht von Menschen umringt, fühlte, wie er selbst gegen seinen Willen hin- und herschwankte, und wie er durch sein eigenes Drängen die um ihm herumstehenden Menschen anzustecken schien.“

Auch literarisch vermag Sandlers „Golem“ nicht zu überzeugen, ist er doch ausgesprochen disparat und inkonsistent ausgefallen. Die Perspektive wechselt zwischen Zitaten, Rollenprosa, auktorialen Kommentaren und einigen autobiografischen Auftritten des Autors, der vor Klischees und saurem Kitsch keineswegs zurückscheut und harten Dokumentarismus mit Genreszenen wie aus einer Dorfnovelle aus dem 19. Jahrhundert kombiniert.

Vor allem aber vermag er sich nicht so recht zu entscheiden, was er überhaupt erzählen will. Die wahren Hintergründe des Verbrechens, das von den reaktionären Kräften in St. Petersburg instrumentalisiert, wenn nicht gar initiiert wird, sind für das Anliegen des Buches eigentlich irrelevant, werden aber zu einem maximal umständlichen Crime-Plot verdichtet, durch den Dutzende von namentlich mit Vatersnamen genannten Figuren taumeln (der Dostojewski-Horror!), danach aber auch sang- und klanglos wieder verschwinden.

Sandlers Fazit, dass sich „in dem roten Tropfen absoluter Lüge“, den die „Dubussary-Affäre“ darstelle, „das gesamte 20. Jahrhundert mit seinen Ozeanen an Blut“ spiegle, mag man zustimmen oder auch nicht. Bloß angedeutet wird, dass Chaim Nachman Bialik (1873–1974), der in seinem wütenden Poem „In der Stadt des Tötens“ die Wehrlosigkeit der jüdischen Pogrom-Opfer geißelt, dies wider besseres Wissen getan habe. Darüber und über die historischen Quellen dieser Einsicht hätte man gerne Genaueres

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