

Dunkelheit ist für uns alle wichtig
Kirstin Breitenfellner in FALTER 25/2025 vom 20.06.2025 (S. 34)
Dunkelheit ist ambivalent. Sie bedeutet Ruhe, Pause und Sicherheit, aber auch Gefahr und Angst. Genau deswegen findet Lisa-Viktoria Niederberger sie faszinierend. Und weil die Dunkelheit weltweit abnimmt, hat sie ihr ein so engagiertes wie persönliches, gut argumentiertes wie kenntnisreiches Buch gewidmet: "Dunkelheit. Ein Plädoyer." Hinter diesem steckt der Wunsch, dass "wir als Gemeinschaft" der Dunkelheit wieder mehr Raum geben.
Zunächst widmet sich die Kulturwissenschaftlerin und Autorin, geboren 1988, aber der "dunklen Seite der Helligkeit": der Lichtverschmutzung. Diese nimmt selbst in Linz, wo Niederberger lebt, überhand. Sie erhellt den Nachthimmel, sodass man in Österreich nur noch jeden zehnten Stern sehen kann. Und sie blendet die Autorin in Form von Nachtbeleuchtung und sinnlosen Lichtinstallationen in ihrem Wohngebiet.
"Es ist offensichtlich: Ich kann mich über falsches Licht ordentlich aufregen, mich vielleicht sogar hineinsteigern", gibt sie zu. Und das ist gut so, denn ihre Wut gab Niederberger die Kraft, die Crux mit dem Licht in allen Facetten auszuleuchten. "Die Dunkelheit wahrhaftig genießen kann nur, wer keinen Grund hat, wachsam zu sein." Licht bedeutet Sicherheit, vor allem für Frauen, aber nur auf den ersten Blick. Vor allem aber bedeutet es eine Bedrohung für viele nachtaktive Tierarten.
Niederberger schreibt über das Verschwinden der Glühwürmchen, die "Vernächtlichung" unserer Kultur durch die Erfindung der Glühlampe und das Problem mit dem blauen Licht. Sie spricht mit Experten, erzählt aus ihrer Kindheit und offen von ihrer Depression und ihren Schlafstörungen, fordert ein Gesetz zum Schutz des Nachthimmels und stellt sich zum Schluss der Angst vor dem Tod, der ultimativen Dunkelheit. Dazwischen erlaubt sie sich Ausflüge in eine utopische Zukunft.
Zumindest in Linz scheint ihre Botschaft schon angekommen zu sein: Die Stadt geht per Gesetz gegen Lichtverschmutzung vor.