

Der gute Mensch von Wien
Barbaba Tóth in FALTER 39/2016 vom 30.09.2016 (S. 20)
Michael Landau ist seit drei Jahren Präsident der Caritas Österreich. Er ist eine Persönlichkeit, die interessiert, über seine Tätigkeit als Kirchenmann hinaus. Er wurde spät getauft, ist studierter Biochemiker, ein Spätberufener der Kirche. Seine Familiengeschichte ist ein Stück österreichische Zeitgeschichte. Der Vater, Jude, überlebte den Nationalsozialismus, weil er nach Schanghai floh. In Israel fühlte er sich nicht wohl, so kam er 1947 zurück nach Wien. Seine Mutter war katholisch. Flüchtlingspolitik, Neoliberalismus und Sozialstaat, Debattenkultur: Landaus Blick auf die globalisierte Gegenwart ist klar und kritisch. Am berührendsten sind jene Kapitel, in denen Landau sich erlaubt, autobiografisch zu werden, und etwa den Tod seines Vaters mit dem Thema Pflege und Hospiz verknüpft. Oder von seinem Zugang zum Glauben als Naturwissenschaftler erzählt und daraus eine durchaus deutliche Kirchenkritik entwickelt. Ein lesenswertes Buch, hoffentlich nicht sein letztes.