

Wenn die Debatten schriller werden, ruft das Buch
Margaretha Kopeinig in FALTER 47/2022 vom 23.11.2022 (S. 21)
Kompakt, kenntnisreich und klüger machend" soll "Auf dem Punkt" sein, die neue Debattenbuchreihe des Brandstätter-Verlags, herausgegeben vom Industriellen Hannes Androsch. Der Historiker Herfried Münkler und die Biologin Renée Schröder machen den Anfang, der Außenpolitikexperte Gerald Knaus folgt diese Woche, kommendes Jahr stehen die Politologin Barbara Prainsack und der Militärexperte Carlo Masala an.
Demokratie, Unsterblichkeit, Flüchtlinge, Arbeitswelt, Krieg und Frieden - es sind die großen Themen der Gegenwart, die diese Autorenschaft auf knappen 140 Seiten abhandeln soll. Nur Münkler forderte 200 Seiten ein. Die Reihe versteht sich als Antwort auf die "große Gereiztheit" (der Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen) unseres "nervösen Zeitalters"(Historiker Oliver Rathkolb).
Wenn sich Medien den Erregungskurven der Direktmedien zu sehr anpassen und Propagandisten ihre digitalen Kolonien mit alternativen Wahrheiten fluten, könnte das kompakte, schnelle Debattenbuch tatsächlich eine Lücke füllen. Bedrucktes Papier würde wieder zum Garanten für Seriosität, als Antithese zur digitalen Oberflächlichkeit.
In seinem Band "Die Zukunft der Demokratie" führt der bekannte deutsche Politologe Herfried Münkler durch die Geschichte der Demokratie, skizziert ihre Theorien und beschreibt ihre Gefahren: Die Demokratie wird durch äußere Entwicklungen (Autokraten wie Putin, autoritäre Regime wie China, Populismus, Rechtsextremismus, Nationalismus, zentrifugale Kräfte der EU) und durch innere Entwicklungen (lethargische Bürger und Bürgerinnen) bedroht.
Über die Zukunft der Demokratie entscheiden ihre Bedrohungen, ist eine zentrale These Münklers. Ausgehend von diesen Krisensymptomen entwickelt er Vorschläge, wie Demokratie bestehen kann. Zentral dabei sind die politische Partizipation der Bürger und ihre politische Urteilskraft, die -so der Autor -durch Massenmedien beeinflusst wird. Diese Bedrohung ist eine Herausforderung für die Demokratie und für die Demokratie-Theorie. Neu ist das alles nicht, aber Münkler legt es informativ und kenntnisreich dar.
Renée Schröders Buchtitel ist verheißungsvoll: "Der Traum von der Unsterblichkeit" nennt die renommierte Molekularbiologin Renée Schröder ihr neues Buch. Sie ist überzeugt, dass es der Wissenschaft gelingt, "uns so umzuprogrammieren, dass wir nicht mehr altern". Alles dreht sich um die Zellen unserer Körper und wie diese fit und lange am Leben erhalten werden können. "Wir müssen Unsterblichkeit eher über ständige Erneuerung [der Zellen] [] suchen", schreibt die Autorin und stellt bahnbrechende Entwicklungen vor. "Xenobots" etwa, ein Meilenstein der Forschung. Dabei handelt es sich um die ersten lebenden Roboter, hergestellt aus embryonalen Stammzellen eines Frosches, die beispielsweise in der menschlichen Blutbahn aufräumen und arterielle Plaques entfernen.
Was die Wissenschaft leistet und welche Perspektiven es gibt, um jung zu bleiben, darüber gibt das Buch einen Einblick. Ethische Fragen werden nicht ausgeklammert: Wollen wir alles für den Traum von der Unsterblichkeit tun, was möglich wird? Unantastbar ist für Schroeder der Eingriff in die menschliche Keimbahn. In China wurde dieses Tabu bereits gebrochen. Das Werk rüttelt auf und fasziniert zugleich. Es liest sich in einem Zug, gewisse Chemie-und Biologiekenntnisse sind jedoch für das Verstehen von Vorteil.
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