
Wilde Wanda, die Zuhälterin aus Wien: A potschertes Lebn
Sebastian Fasthuber in FALTER 44/2025 vom 29.10.2025 (S. 28)
Sie gehört zu den mythischen Gestalten der Wiener Unterwelt. Wanda Kuchwalek (1947-2004), besser bekannt als Wilde Wanda, war in den 1970ern und 80ern die einzige Zuhälterin der Stadt. Sie drang in ein männliches Milieu ein und zeichnete sich durch besondere Brutalität aus.
Unehelich geboren als Tochter einer Schlangentänzerin und eines russischen Besatzungsoffiziers, lernte sie ihren Vater nie kennen. Sie wuchs zunächst in einem ausrangierten Zirkuswagen und später in sogenannten Besserungsanstalten auf, in denen schwarze Pädagogik praktiziert wurde. In diesen Jahren wurde sie gebrochen. Einerseits. Andererseits würde sie sich nie mehr etwas gefallen lassen.
Nüchtern soll Wanda einigermaßen umgänglich gewesen sein. Nur war sie ständig im Öl und warf sich zusätzlich Aufputschmittel ein. In dem Zustand konnte sie eine Kleinigkeit derart provozieren, dass sie komplett ausrastete. Oft traf es jenes Mädchen, das gerade ihre Lebensgefährtin war und gleichzeitig für sie auf den Strich ging. Wenn es Probleme gab, und das war häufig der Fall, zerschnitt Wanda diesen Frauen mit einer Rasierklinge das Gesicht.
Der Subkulturforscher Clemens Marschall erzählt in seinem Buch von einem Menschen zwischen Rausch und Gewalt. Eine wichtige Quelle waren Gerichtsreportagen, denn Wanda kam oft mit dem Gesetz in Konflikt und ihr langjähriger Strafverteidiger wurde zu einer Art "Lebensmensch" für sie. Der Autor konnte außerdem auf Erinnerungen Kuchwaleks zurückgreifen, die diese für eine Illustrierte verfasste. Und er fand in einstigen Kellnerinnen der Tschocherln, in denen sie zu verkehren pflegte, noch ein paar Zeitzeuginnen, die sich an manches erinnerten.
Marschall ist Chronist eines praktisch verschwundenen Wiens zwischen Grindbeisln, Prater-und Gürtelstrich. Bei aller Liebe zu diesem Milieu bietet ihm Wandas traurige Geschichte kaum Gelegenheit zur Glorifizierung. Mit Hansi Orsolics gesprochen: A potschertes Lebn.


