

Klaus Nüchtern in FALTER 33/2014 vom 15.08.2014 (S. 29)
Eine Nähe zu Jane Austen konzedierte ihm nicht nur Graham Greene: Henry James (1843–1916) ist fraglos einer der großen Frauen-Romanciers der Weltliteratur. "Washington Square" erzählt das Leben der "armen Catherine", wie sie der Erzähler gerne nennt. Offen und mit nicht nachlassendem Starrsinn hintertreibt ihr Vater, der erfolgreiche Arzt Austin Sloper, Catherines Verbindung mit Morris Townsend, weil er (wohl zu Recht) annimmt, dass der nur auf deren Vermögen aus ist. Im Grunde genommen verachtet Sloper, dieser selbstherrliche Patriarch, der den Verlust seiner Frau nie verwunden hat, seine Tochter: Dass sie jemand ohne Hintergedanken begehren könnte, ist für ihn nicht nachvollziehbar, wohingegen die dumm-putenhafte Tante Lavinia sich an dem Drama romantisch aufganserlt. Wie Catherine zwischen den Fronten zerrieben wird, vertrocknet und als wohltätige Jungfer endet, ergibt ein dialogstarkes, niederschmetterndes Kammerspiel.