Kurze Geschichte Russlands, von seinem Ende her gesehen
224 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783737101752
Erscheinungsdatum 14.03.2023
Genre Sachbücher/Geschichte/Regionalgeschichte, Ländergeschichte
Verlag Rowohlt Berlin
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Rowohlt Berlin Verlag GmbH
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Kurzbeschreibung des Verlags


Spätestens mit dem Angriff auf die Ukraine stellt sich die Frage, wie Russland zu dem wurde, was es heute ist. Olaf Kühl, langjähriger Osteuropareferent des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, kennt das Land wie nur wenige; er hat es über Jahrzehnte intensiv bereist, auch abseits der großen Metropolen, bis nach Sibirien und in den Fernen Osten. In seinem Buch zeigt er, wie sich Russland seit dem Zerfall der Sowjetunion entwickelt hat – wie hellere, freiere Köpfe allmählich durch regimehörige Funktionäre ersetzt wurden, bevor eine mafiöse Geheimdienstelite die Macht an sich riss. Fassbar wird all das in den Schicksalen der Menschen, von denen Kühl erzählt: darunter ein erfolgreicher Unternehmer, der, weil er sich vom Ge- heimdienst nicht erpressen lassen wollte, im Gefängnis gefoltert und getötet wurde; oder auch ein Separatistenführer, der 2014 an der Annexion der Krim beteiligt war und mittlerweile auf Konfrontation zu Putin geht. Eines lässt sich schon jetzt erkennen: Die völkisch-nationalistische Außenpolitik wird zu heftigen, gewaltsamen inneren Umbrüchen führen, bis hin zum Zerfall des Landes – mit gefährlichen Konsequenzen auch für Europa. Ein ebenso fesselndes wie weitsichtiges Russland-Porträt.


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FALTER-Rezension

Russland im Fangeisen

Erich Klein in FALTER 12/2023 vom 24.03.2023 (S. 28)

Nicht die Putinversteher, die Russlanderklärer haben jetzt das Wort. Olaf Kühl, Autor und Übersetzer, kommt in seiner „Kurzen Geschichte Russlands von seinem Ende her gesehen“ rasant auf den Punkt. Am Cover prangt ein „Z“, das abstruse Hoheitszeichen von Putins Invasionsarmee in die Ukraine. Russland, das bedeute Krieg. Zurückhaltender gibt sich der Historiker und Journalist Gerd Koenen, der seine Russland-Analyse immerhin als „Widerschein des Krieges“ versteht.

Wie bei vielen Westlern stand am Anfang des Russland-Interesses für Olaf Kühl, den langjährigen Osteuropa-Referenten im Berliner Bürgermeisteramt, die Lektüre Dostojewskis. Der literarische Apokalyptiker sei der Kronzeuge jenes Nihilismus, der sich über die Bolschewiki bis in die Gegenwart durchziehe. Dem gelte es entgegenzutreten: „Für dieses Russland ist es die einzige Rettung, endgültig besiegt zu werden.“

Argumentativ noch dürftiger als derart markige Kriegsbegeisterung, die man fast als Kriegstreiberei bezeichnen könnte, fallen die folgenden vier Dutzend Essays aus. Eben noch vom Flair einer ossetischen Tanzgruppe auf Berlin-Besuch angetan, gaben Kühl bereits die vielen russischen Veteranen zu denken, die im Lauf der Jahre beim Weltkriegsverlierer Deutschland um Unterstützung ansuchten.

Russischer Antifaschismus stelle nicht erst seit dem Überfall auf die Ukraine eine „verrottete Ikone“ dar: „Deutschland muss heute innerlich zur Möglichkeit, ja Notwendigkeit eines Sieges aufrufen.“ (Zum Glück, möchte man einwerfen, gibt es in Deutschland einen Kanzler, der weniger mit dem Säbel rasselt!) Olaf Kühl rekapituliert alles an Fakten, Mythen und Klischees, was das Horrorkabinett der jüngeren russischen Geschichte anzubieten hat: von Stalins Geheimdienstschlächter Wassili Blochin bis zur Ermordung des abtrünnigen KGBlers Alexander Litwinenko. Alles, was man woanders über die „mangelnde ideologische Abfederung“ der postsowjetischen Reformen mittels radikaler wirtschaftlicher „Schocktherapie“ und der folgenden Massenverarmung der Bevölkerung besser beschrieben fand, wird durchgehechelt.

Oligarchen und Geheimdienst dürfen ebenso wenig fehlen wie Putins Uhrensammlung und seine obskuren Vordenker. Schließlich liefert Kühl einiges an Insiderinfos: wie ihm Michail Gorbatschow die Nähe der russischen und deutschen Seele erklärte, was der letzte Staatschef der DDR, Erich Honecker, auf dem Flug aus dem Moskauer Exil ins deutsche Gefängnis von sich gab und, last but not least, Reiseeindrücke aus Sibirien. Am Ende steht die Warnung davor, Kompromisse mit Russland einzugehen oder die russischen Verbrechen in der Ukraine zu „rationalisieren“: „Die Welt würde damit das Böse assimilieren, in sich aufnehmen und damit den ersten Schritt zu ihrer eigenen Auflösung tun.“

Besser bedient ist man mit Gerd Koenens’ „Im Widerschein des Krieges“. Dem Kommunismus-Forscher gelingt es – aufgrund seiner „Langzeitbeobachtungen über drei Jahrzehnte“ – zumindest halbwegs, den „tieferen Motiven und Gründen sowie den mentalen oder materiellen Bedingungen dieses von Putin als Letztentscheider unprovoziert vom Zaun gebrochenen, an Wahnwitz grenzenden Krieges nachzuspüren“.

Er holt dabei bis zur quasi-theologischen Vorstellung von „Moskau als drittem Rom“ aus, die schon im 16. Jahrhundert propagiert wurde. Bisweilen geraten die Vergleiche ein wenig zu essayistisch üppig, etwa jene des Zaren Iwan Grosny „der Schreckliche“ mit Putin. Mit der fehlerhaften Erinnerungspolitik Russlands nach dem Untergang der Sowjetunion 1991 berührt Koenen allerdings einen zentralen Punkt: die Wiederkehr russischer Großmachtgelüste. Entstalinisierung hatte unter Chruschtschow, im Machtkampf um die Nachfolge Stalins, immerhin die Freilassung von Millionen Lagerhäftlingen bedeutet und zu einem ideologischen „Tauwetter“ geführt. Unter Gorbatschow und Jelzin wurde erstmals frei über die Verbrechen des Stalinismus gesprochen, in der Folge vergaß man aber, eine entsprechende Erinnerungspolitik zu institutionalisieren. Stattdessen begann man, das ideologische Vakuum mit einer staatstragenden „russischen Idee“ zu füllen.

Besonders gelungen sind die Einzelporträts sowjetischer und russischer Systemkritiker und Dissidenten. Gulag-Autoren wie Alexander Solschenizyn und Warlam Schalamow kommen ebenso zu Ehren wie Arseni Roginski, Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Memorial.

Koenen analysiert die Angst des Kreml vor Massenprotesten der Opposition sowie die Bedeutung der Kriege in Tschetschenien und Georgien, der Beziehungen zu China und der Corona-Epidemie im Vorfeld von Putins Angriff auf die Ukraine. Dessen Vorgeschichte greift mit der Erklärung eines „Phantomschmerzes“ allerdings zu kurz.

Die grau schillernde Eminenz des Kreml, Wladislaw Surkow, steht am Ende des gut lesbaren Versuchs zu verstehen, „wie es geschehen konnte, dass sich dieses Land mit all seinen reichen menschlichen und natürlichen Potentialen abermals in einen Malstrom destruktiver und autodestruktiver Gewalt hineinstürzt“. Eine Antwort bleibt Gerd Koenen letztlich schuldig und begnügt sich mit der eher flapsigen Beschreibung des Ist-Zustandes: „Jetzt sitzt Russland in der Ukraine fest wie der sprichwörtliche Problembär im Fangeisen.“

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