Über gute und böse Literatur
Ob es gute oder schlechte Literatur gibt, ist womöglich eine irrelevante Frage, kommt man doch beim Lesen kaum umhin, selbst ohne feste Basis Urteile zu fällen. Vordringlicher scheint es, Klarheit darüber zu erlangen wie das Gute geschrieben sein müsste, um nicht bloß im Abgleich mit seinem Gegenteil zu existieren. Oder handelt es sich hierbei weniger um eine ästhetische als um eine moralische Frage, um etwas, das für die Kunst keinerlei Gewicht besitzt? Denn Kunst - und damit das Schreiben -, so die herrschende Meinung, bestellt doch ein Feld, wo kein Verbot Gesetzesstatus hat. Sowohl in fremden wie auch in ihren eigenen Werken gehen Anne Weber und Thomas Stangl während ihrer sechsjährigen Korrespondenz diesen und ähnlichen Fragen nach. Dabei vermessen sie Graubereiche und zeigen, dass es der Literatur nicht um Konventionen, um den Zwang, gut zu sein, gehen sollte, sondern allein um die Haltung zum Gegenstand – um die Wirklichkeit, die Zeit, um die Toten und den Umgang mit Toten, um Grenzen, um Moral.
Warum sind große Werke näher an schlechten als routinierte Kunst?
Ende 2014 fragt die in Paris lebende Autorin und Übersetzerin Anne Weber ihren Wiener Kollegen Thomas Stangl: "Warum ist gute -große -Literatur oft näher an der schlechten, misslungenen als an der soliden, perfekten, routinierten?" Inwiefern gute oder schlechte Literatur für die Leser*innen eine Rolle spielt, ist nur eine der Fragen des über sechs Jahre andauernden Briefwechsels. Eine andere: Ist Kunst eine Frage der Moral, der Form oder ist ihr zentrales Element ein Geheimnis? Selbstredend geht es auch um der beiden Autoren eigene und fremde Bücher.
Erich Klein in Falter 20/2022 vom 20.05.2022 (S. 20)
ISBN | 9783751800747 |
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Ausgabe | 1. Auflage |
Erscheinungsdatum | 14.04.2022 |
Umfang | 185 Seiten |
Genre | Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945) |
Format | Hardcover |
Verlag | Matthes & Seitz Berlin |