Ein ehrenhafter Abgang

139 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783751809085
Erscheinungsdatum 02.03.2023
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Matthes & Seitz Berlin
Übersetzung Nicola Denis
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HerstellerangabenAnzeigen
MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH
info@matthes-seitz-berlin.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Vietnam war Schauplatz zweier Kriege, die zu den längsten und opferreichsten der Geschichte zählen. Éric Vuillard, der die Leser immer wieder mit seinen brillanten Rhapsodien über blitzlichtartig beleuchtete Episoden der Weltgeschichte fesselt, gelingt es auch in dieser neuerlichen Inszenierung, Geschichte unmittelbar fassbar zu machen. Mit wütender Präzision schildert er, wie zwei der größten Mächte der Welt in einer kolossalen Umkehrung der Geschichte gegen ein kleines Volk in ungeheuer verlustreichen Kriegen verlieren. Er erzählt von dem siegreichen Kampf des Unterlegenen und dem Aufstand eines von Kolonialmächten ausgebeuteten und geschundenen Volks. Er lässt das gewaltige Geflecht aus wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen sichtbar werden und erweckt eine ganze Galerie schillernder Figuren zum Leben: Kautschukpflanzer, französische Generäle, ihre Ehefrauen, Politiker, Bankiers. Ein ehrenhafter Abgang ist eine zutiefst beunruhigende menschliche Komödie, die ständig aufs Neue aufgeführt zu werden scheint.

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ISBN 9783751809085
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FALTER-Rezension

Zwischen Mittagspause und Apokalypse

Tobias Heyl in FALTER 12/2023 vom 24.03.2023 (S. 19)

Offenbar misstraut Éric Vuillard der Geschichte und glaubt eher an die Literatur. Historiografie ist, und meint sie es noch so ehrlich, immer parteiisch; literarisch in Szene gesetzt, vermitteln Täter und Opfer, Schuld und Verhängnis zumindest eine Ahnung höherer historischer Wahrheit und moralischer Gerechtigkeit.

Vuillard nun hat in den letzten Jahren eine Reihe kurzer, konzertierter Romane geschrieben, die von Wendepunkten und Katastrophen der Weltgeschichte handeln: Der Bogen spannt sich von der Eroberung des Inkareichs durch Francisco Pizarro über die Französische Revolution und die Berliner Kongokonferenz bis zur quälend langen Niederlage Frankreichs und der USA in Vietnam. Davon handelt sein jüngster Roman, sarkastisch betitelt „Ein ehrenhafter Abgang“.

In seiner Bauweise ähnelt der Roman seinen Vorläufern: Der Erzähler durchschaut die Machenschaften der Mächtigen und gibt sie der Lächerlichkeit preis, während seine ganze Empathie den Opfern der Geschichte gilt. Das passt nicht schlecht zu einem Autor des Jahrgangs 1968, der von sich erzählt, dass er noch ein Baby war, als ihm seine Eltern die Barrikaden der Demonstranten auf den Straßen von Lyon zeigten. Solchermaßen engagierte Literatur ist nicht neu. Man sollte ihr aufklärerisches Potenzial ganz bestimmt nicht überschätzen.

Bei Vuillard kommt allerdings noch mehr dazu als der Anspruch, den Opfern der Geschichte Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: Er kann verdammt gut schreiben, und dass ihm hier und da sein geschichtspädagogischer Ehrgeiz in die Quere kommt, sieht man ihm bald nach.

Am 19.Oktober 1950, ein gutes Vierteljahrhundert vor der Niederlage der Amerikaner in Saigon, debattiert die Assemblée Nationale über die Lage in Vietnam, und zum ersten Mal werden Stimmen laut, die das koloniale Unrecht einräumen, Friedensverhandlungen mit der vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung ins Spiel bringen – und damit den Zorn der nationalen Rechten auf sich ziehen.

Fast ein Viertel des Buchs nimmt die Schilderung dieser Debatte ein, die Mittagspause in einem edlen Restaurant eingeschlossen. Die Abgeordneten, die Vuillard ans Rednerpult treten lässt, beschreibt er mit einem Witz, mit einer Genauigkeit und einer sprachlichen Virtuosität, die an Daumier ebenso wie an Zola denken lässt. Die wenigsten werden die Namen der damaligen Akteure kennen, aber dem Autor gelingen derart einprägsame Porträts, dass die historischen Figuren als Romanpersonal von eigener Kraft durchgehen.

„Es ist so schwer, ein Gesicht zu beschreiben, diese Mischung aus Fleisch und Denken“, heißt es an einer Stelle. Vuillard fällt das gar nicht schwer, und er hat auch ein besonderes Auge für die Körper, für die fülligen der französischen Bourgeoisie („Endlich im Restaurant angelangt, quetscht das alte Bison nach einigen pantagruelischen Bewegungen des Oberkörpers seinen fetten Popo zwischen die Sesselhenkel und käut wieder“) und für die gequälten ihrer Opfer („Der Vietnamese war ausgemergelt, dem Tode nahe, gezwungen, sich zwischen den Direktoren und zwei Unbekannten, deren Sprache er nicht beherrschte, aufrecht zu halten“).

Vor dem inneren Auge erscheinen bei solchen Schilderungen spätmittelalterliche Wimmelbilder der Apokalypse. Auch diese visuell hoch aufgeladene Sprache verdichtet sich zu Gemälden, die die Ungeheuerlichkeiten der modernen Gewaltgeschichte – nicht nur der Kriege in Indochina – in sich aufnehmen.

Vuillard wird immer wieder dafür gerühmt, den Opfern der Geschichte zur Sprache zu verhelfen. Damit ist er nicht allein. Man wird aber lange nach einem literarischen Werk suchen, das auf die Sprachlosigkeit angesichts historischer Gewalt mit derart schlüssigen Bildern antwortet.

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