

Kirstin Breitenfellner in FALTER 23/2024 vom 07.06.2024 (S. 30)
Sarah Jäger beginnt ihren Jugendroman "Und die Welt, sie fliegt hoch" mit einem Motto, das die meisten Jugendlichen irgendwann einmal unterschreiben würden: "Ich habe immer geglaubt, dass da niemand ist außer mir." Aber die Jugend wäre nicht die kommunikativste Phase des Lebens, wenn da nicht doch jemand wäre.
Die vierzehnjährige Ava sitzt in ihrem Kinderzimmer, und das, obwohl es Sommer ist. Ihr ist langweilig, denn sie hat Hausarrest. Warum, erfahren wir erst am Ende dieses originellen Buches, das die Kommunikation Jugendlicher formidabel abbildet, da es nur aus Messages besteht. Ava hat es nicht so mit dem Schreiben, deswegen schickt sie ihre erste Nachricht per Sprachnachricht an Juri, dessen Telefonnummer sie auf einem Zettel gefunden haben will.
Auch Juri sitzt in seinem Zimmer, aber freiwillig, denn nur hier fühlt er sich sicher. Einmal am Tag dreht er eine Runde im Park, um seine Mutter zu beruhigen. Er antwortet Ava stets schriftlich. Das quirlige, freche Mädchen und der hochsensible, introvertierte Bursche waren in der Volksschule in derselben Klasse. Kennenlernen tun sie einander aber erst jetzt -und damit auch sich selbst. Zuerst tauschen sie Erinnerungen an die Klasse aus, reden über Geburtstage und Hobbys. Ava liebt das Freibad, Juri Origami. Danach geht es an ernstere Themen wie die Scheidung von Avas Eltern und die Ängste von Juri sowie an existenzielle Fragen.
Immer behält ihr Dialog eine erstaunliche Leichtigkeit. Ava hat etwa zwei Zimmer, eines bei ihrer Mutter und eines bei ihrem Vater. Für Juri eine Horrorvorstellung. "Wenn ich mir vorstelle, dass ich du wäre, dann hätte ich wohl auch kein Lieblingszimmer", sinniert er. "Da können wir heilfroh sein, dass ich schon ich bin -weil dann musst du das ja gar nicht mehr sein", kontert Ava. Auch die Zeitabstände zwischen den Nachrichten werden thematisiert. Denn Ava und Juri lassen auf ihre Antworten oft warten. "Bei dir ist nie jetzt, bei dir ist immer später. Ist dir das schon mal aufgefallen?", will Ava wissen. Zum Schluss wartet die Autorin mit einer Überraschung auf, die hier natürlich nicht verraten wird.
Sarah Jäger gelingt es scheinbar mühelos, mit dieser so ungewöhnlichen wie faszinierenden Form eine spannende Geschichte zu erzählen, die den Titel "Roman" verdient. Dazu tragen nicht unwesentlich die durchgehenden Schwarzweiß-Illustrationen von Sarah Maus bei, die die Innenwelt der Jugendlichen witzig und nonchalant, einfallsreich und liebevoll abbilden. Ava ist die linke Buchseite vorbehalten - ihr ist der Wellensittich zugeordnet. Juri besetzt die rechte Seite und tritt als Astronaut auf. Zwei "Aliens", die sich am Ende sogar im echten Leben treffen wollen.