Muslimischer Antisemitismus

Eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland?
224 Seiten, Taschenbuch
€ 20.5
-
+
Lieferung in 7-14 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783801205249
Erscheinungsdatum 23.03.2018
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Verlag Dietz, J.H.W., Nachf.
LieferzeitLieferung in 7-14 Werktagen
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Unbestritten sind anti-jüdische Einstellungen unter Muslimen weit verbreitet. Aber warum? Die gängigen Definitionen und Erkenntnismuster, erklärt David Ranan, reichen nicht mehr aus, um den Antisemitismus vieler Muslime zu beschreiben. Hat das Ganze nur mit dem Nahostkonflikt zu tun oder sind Muslime grundsätzlich antisemitisch? Ist Judenhass ein integraler Teil des Islam? Oder ist er eine Erscheinungsform des Islamismus?
Um eine Antwort zu finden, hat Ranan mehr als 70 Interviews mit jungen muslimischen Studierenden und Akademikern vor allem in Deutschland geführt. Im Zentrum standen ihre Haltungen und Gefühle zu Juden, Judentum, dem Holocaust und Israel und schließlich die Frage, wie sie sich zu Deutschland stellen, seiner Israelpolitik und seiner Geschichtskultur.
Mit den Ergebnissen der Gespräche, die er in die historischen Beziehungen zwischen Juden und Muslimen und den ungelösten Nahostkonflikt einbettet, zeigt Ranan, dass dieses brisante, heftig umkämpfte Feld neu angegangen werden muss.

Mehr Informationen
ISBN 9783801205249
Erscheinungsdatum 23.03.2018
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Verlag Dietz, J.H.W., Nachf.
LieferzeitLieferung in 7-14 Werktagen
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Angst vor Zion

John Bunzl in FALTER 16/2018 vom 18.04.2018 (S. 33)

Der Autor David Ranan sieht im muslimischen Antisemitismus eine Reaktion auf israelische Unterdrückung

Eine Spielart von Islamophobie besteht im pauschalen Antisemitismus-Vorwurf an Muslime. Diese Anklage erweist sich insofern oft als Projektion, als meist eigene verdrängte Befindlichkeiten externalisiert werden. Es handelt sich um ein möglicherweise beabsichtigtes Missverständnis.
Der israelische Politikwissenschaftler David Ranan zeigt in seinem Buch „Muslimischer Antisemitismus“, dass das Judenbild von Flüchtenden aus dem Orient von anderen Erfahrungen geprägt ist als von der vergifteten abendländischen Tradition. Im Zentrum des muslimischen Antisemitismus steht der Palästinakonflikt. „Anders als bei einigen Nichtmuslimen, die ihre antijüdischen Gefühle in antiisraelische Aussagen umleiten, kann man davon ausgehen, dass es sich bei den meisten Muslimen, die negativ über Israelis oder Zionisten sprechen, nicht um getarnten Antisemitismus handelt“, schreibt Ranan.
Der für sie bedrohliche Staat Israel versteht sich als jüdisch und als Vertretung des jüdischen Volkes auf der ganzen Welt. Und so wie die meisten Araber und Muslime zu Palästina stehen, stehen die meisten jüdischen Gemeinden hinter Israel.
Anders als für viele Juden hat Israel für seine arabischen Nachbarn eine ­mythische Funktion. Im Fall der Syrer etwa sind ­konkrete Umstände maßgebend, vor allem die Kriege von 1948, 1967 und 1973. Dazu kommen Konflikte im Libanon, die ­Präsenz von hunderttausenden ­palästinensischen Flüchtlingen und die über 50-jährige ­Besetzung von Teilen des syrischen ­Staatsgebiets auf den Golanhöhen.

Darüber hinaus sah sich Syrien unter der Führung der Baath-Partei als Vorreiter des Panarabismus, der auch die Befreiung Palästinas auf seine Fahnen geschrieben hatte. Im Fall der Palästinenser selbst ist das Problem noch offensichtlicher, denn sie haben die leidvolle Erfahrung der Nakba, der Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern aus dem früheren britischen Mandatsgebiet Palästina im Jahr 1948. Die Nakba bedeutete Enteignung, Kolonisierung und Okkupation. Wenn sie von „Juden“ sprechen, denken sie dabei nicht an eine mythische Abstraktion, sondern eine erdrückende militärische Präsenz.
Ranan äußert sich kritisch über Meinungsumfragen. Seine Skepsis führte auch zum Entschluss, Tiefeninterviews mit
70 bekennenden Muslimen in Deutschland und England durchzuführen. Die weltweiten demoskopischen Untersuchungen, die etwa von großen jüdischen Lobbyorganisationen in den USA durchgeführt wurden, vergleicht er mit einem Forschungsauftrag der Tabakindustrie über das Raucherverhalten. So könne etwa die 93-prozentige Zustimmung von Palästinensern bei der Frage, ob Juden zu große Macht haben, nicht einfach als Antisemitismus interpretiert werden. Der Davidstern ist bei ihnen nicht mit dem Gelben Stern der Nazis assoziiert, sondern mit einem Symbol, das auf Uniformen israelischer Soldaten, auf Panzern, Flugzeugen und Siedlungen zu sehen ist. Und selbst wenn bei einer Demonstration „Kindermörder Israel“ geschrien wird, dann ist damit kein Bezug zur mittelalterlichen antisemitischen Ritualmordlegende hergestellt, sondern zur faktischen Bombardierung etwa des Gazastreifens.

Obwohl in der islamistischen Agitation gegen Juden gern auf Stellen im Koran Bezug genommen wird, kommt diese Argumentation in den Gesprächen praktisch nicht vor. Da hörte er schon eher die im Nahen Osten sehr beliebten Verschwörungstheorien, die jedoch nicht dazu dienen, Juden an sich zu diskreditieren, sondern die Macht Israels zu erklären.
Es sei auch daran erinnert, dass die übergroße Mehrheit antijüdischer Vandalenakte in Europa nicht von Muslimen, sondern von Rechtsradikalen durchgeführt werden. Bei meinen Erfahrungen mit syrischen Flüchtlingen bin ich übrigens weder auf Antisemitismus noch auf eine besondere Abneigung gegen Israel gestoßen. Diese Menschen haben ganz andere Sorgen. Dazu zählt die Angst, nach islamistischen Anschlägen einem Generalverdacht ausgesetzt zu sein.
Zu wenig geht Ranan darauf ein, dass das offizielle Israel den Widerstand gegen seine fortgesetzte koloniale ­Landnahme als antisemitisch denunziert. So heißt es etwa stereotyp, dass Siedler deshalb attackiert würden, weil sie Juden seien. ­Außerdem wird ständig die These ­vertreten, dass ­muslimische Migranten Antisemitismus nach Europa einschleppten. Daraus ergibt sich eine groteske Allianz mit der ­völkischen Rechten gegen „den“ Islam.
Der ehemalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, hat unlängst die israelische Regierung öffentlich vor diesem Bündnis gewarnt. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache verlangte die Verlegung der österreichischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und pflegt einen freundschaftlichen Umgang mit Siedlern, welche an der Stelle der al-Aqsa-Moschee den sogenannten Dritten Tempel errichten wollen. Dabei geht es nicht um Vergangenheitsbewältigung, sondern um einen neuen Kreuzzug.

weiterlesen