

Lob dem linken Patriotismus
Barbaba Tóth in FALTER 28/2018 vom 13.07.2018 (S. 17)
Der deutsche Politikwissenschaftler Michael Bröning plädiert für ein neues, linkes Verständnis des Nationalstaates und des Heimatbegriffs
Ich habe einen gesunden Geschichtsbegriff und möchte mir Worte wie Achse oder Heimat nicht von Nazis nehmen lassen“, erklärte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz Ende Juni bei einer Soiree des deutschen Wochenblattes Die Zeit im Wiener Volkstheater.
Aber es sind nicht wirklich die neuen, smarten, jungen Rechtspopulisten wie Kurz, die sich sorgen müssen, dass ihnen „die Nazis“ den Heimatbegriff nehmen. Sondern sozialdemokratische, linke und liberale Parteien, die Heimattümelei zuletzt gerne ausschließlich als verbohrt, rückständig und national wahrgenommen haben. Diese These vertritt zumindest der deutsche Politikwissenschaftler Michael Bröning in seiner Streitschrift „Lob der Nation“ mit dem programmatischen Untertitel „Warum wir den Nationalstaat nicht den Rechtspopulisten überlassen dürfen“.
Bröning leitet das Referat Internationale Politikanalyse der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Und die Debatte darüber, wie man sich als Linker gegenüber Rechtspopulisten wie jene der AfD verhält, steht ungefähr dort, wo sie sich in Österreich in den 1990er-Jahren befand. Die „politische Klasse“ Deutschlands scheint sich klar zu sein, dass Nation für „Chauvinismus, ein Hurra auf die Gewalt oder ein pathetisches Bekenntnis zu Ausgrenzung und Hass“ stehe, schreibt Bröning. Aber so komme man in der Debatte nicht weiter und schon gar nicht gegen die Rechtspopulisten an.
Bröning schließt daraus, dass Sozialdemokraten etwa in Zeiten der „Migrationskrise“ nicht mehr für einen grenzenlosen, etablierten Wohlfahrtsstaat plädieren dürfen, sondern für begrenzte Migration nach dem Vorbild Kanadas werben müssen. Auswahl, Restriktion und Großzügigkeit sei der richtige Dreiklang.
Sozialdemokratische Kernanliegen wie Solidarität und Partizipation brauchten ein „ausbuchstabiertes Wir“, wie es Bröning nennt, das nicht „auf planetarischer“, sondern auf nationalstaatlicher Ebene beruht. Auf europäischer Ebene brauchte es ein „konföderiertes Europa“ statt einer „europäischen Republik“, also ein Europa, das „Vertiefung in einigen Politikfeldern, aber zugleich auch die Stärkung nationaler Wahlmöglichkeiten“ bietet. Damit einher ginge auch ein „starker Staat als progressives Politiknarrativ“.
Weil das alles ein wenig theoretisch klingt, liefert Bröning am Ende auch Best-Practice-Beispiele. Den „civic nationalism“ der Scottish National Party etwa. Oder Alexander Van der Bellens Präsidentschaftswahlkampf anno 2016.