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Kurzbeschreibung des Verlags
Selfies sind die bisher erfolgreichste Bildgattung der Sozialen Medien. Dass man ihren Urhebern oft Narzissmus vorhält, wird ihren vielfältigen Funktionen jedoch nicht gerecht. Mit Selfies setzen sich die Akteure der Sozialen Medien vielmehr in jeweils anderen Rollen in Szene: spielerisch, neckisch, provozierend. Die Grimassen und digitalen Nachbearbeitungen von Selfies stehen in einer langen kulturgeschichtlichen Tradition von Masken und Theaterspiel. Mit Selfies machen Personen sich selbst zum Bild; damit entsteht durch sie nicht weniger als eine neue Form von öffentlichem Leben, das in der Moderne – im Anschluss an Richard Sennett – oft totgesagt worden ist.
Der Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich zeigt, dass Selfies als erster Typus einer demokratisierten wie auch einer globalisierten Bildkultur gelten können – und dass sich in ihnen lang gehegte Utopien erfüllen.
Die explosionsartige Zunahme von Selfies ist ein globales Phänomen, das nicht einmal vor Ländern Halt macht, in denen das Zeigen des Gesichts nicht erwünscht ist. Selfies avancierten, stellt der Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich fest, innerhalb weniger Jahre zu einer „ersten weltumgreifend relevanten Form von Bildlichkeit“ und begründeten zusammen mit Emojis und Filtern eine neue Form der Sprache.
Die technische Voraussetzung dafür waren Smartphone-Apps, mit denen man sein Gesicht ohne spezifische Begabung und größeren Zeitaufwand fotografieren und modifizieren kann, um damit spontan auf sozialen Netzwerken zu kommunizieren: Dialoge zu führen, Komplimente zu machen, Leute zu beleidigen oder sich politisch zu betätigen.
Sie als trivial und dilettantisch zu diskreditieren, meint Ullrich, zeuge von einem elitären Impuls, der nicht nur die durch Selfies vorangetriebene Demokratisierung geringschätze, sondern auch einer Logik der Moderne verhaftet sei, nach der nur das Private authentisch sein kann.
Selfies markieren für Ullrich eine Rückkehr der Öffentlichkeit, die er mit der höfischen Kultur des Rokoko und ihren Perücken, Masken und exaltierten Künstlichkeit vergleicht, der heute die Filter mit Häschenohren, geglätteten Gesichtszügen und die Grimassen mit zwinkernden Augen und herausgestreckter Zunge entsprächen.
Statt einen Verfall von Kultur sieht er eine Revolution am Werk, eine neue Phase der Kulturgeschichte des menschliche Gesichts als Ort von Codes und Konventionen, die er in einen historischen Kontext setzt, von den Theatermasken der Antike bis zu den Charakterköpfen eines Franz Xaver Messerschmidt oder den „Pathosformeln“ Aby Warburgs.
„Selfies“ bildet den ersten Band der neuen Reihe „Digitale Bildkulturen“ bei Wagenbach, die Ullrich zusammen mit Annekathrin Kohout herausgibt, deren „Netzfeminismus“ zeitgleich erschien. Im Herbst folgen „Emojis“ und „Bildproteste“. Must-read für alle, die schon mal ein Selfie gemacht, gelikt oder gesehen haben, also für alle!