
Flammende Herbstfarben
Julia Kospach in FALTER 39/2018 vom 26.09.2018 (S. 46)
Vorbei der Sommer, der Blütenflor? Hier ein paar schöne, blühende Herbststauden für Balkon und Terrasse
Manche von uns wachsen mit Verwandten auf, die Jahr für Jahr schon zu Sommerbeginn angesichts des Auftauchens der allerersten Wespe der Saison im Brustton der Überzeugung verkünden: „Es herbstelt.“ Der Vorteil dieser Art von Frühwarnung ist, dass man sich dadurch des Kreislaufs der Jahreszeiten immer bewusst und deshalb auch stets gut vorbereitet ist.
Was das Gärtnerische angeht, ist eine Mischung aus Vorbereitung und Voraussicht das Um und Auf. Das gilt auch für städtische Balkone, Terrassen und Hinterhöfe, in denen vorzugsweise in Töpfen und Trögen gegärtnert wird. Hier – wie in vielen Hausgärten auch – passiert es gern, dass ab Mitte, Ende August keine einzige Blüte mehr zu sehen ist. Die Frühling-, Frühsommer- und Hochsommer-Blütenpracht ist zu Ende, und bis in den Herbst hatte man nicht vorausgedacht.
Gesucht sind darum Blühstauden, die weit in den Herbst hinein blühen, gut dem Wind standhalten, der in luftiger Höhe oft ein Thema ist, und auch unter den beengten Bedingungen von Töpfen oder Trögen gedeihen. Das Gute ist: Man kann diese Pflanzen bereits jetzt im Frühherbst fürs Blühen im nächsten Spätsommer und Herbst setzen oder säen. Auch wenn es für Ungeduldige nach einer enttäuschend mittelfristigen Strategie klingt: Genau das meint gärtnerische Voraussicht.
Klassisch in der Rolle einer herbstblühenden Staude ist die Japan- oder Herbstanemone. Ihre Schalenblüten stehen wie anmutig nickende Köpfchen am Ende langer, zart behaarter Stiele und tanzen gern im Wind. Sie ist trotz ihrer Anmut von einer Robustheit, die zu ebener Beeterde agierende Staudengärtner angesichts ihrer rücksichtslosen Verdrängungskraft immer wieder fluchen lässt. Gefällt es ihr wo, wird man sie kaum mehr los. Ihr Ausbreitungswille kann durch Kübelpflanzung wohltuend eingeschränkt werden.
Der Trick für ihre erfolgreiche Topfkultur: gut feucht halten, regelmäßig düngen, im Winter auf Styropor gestellt vor Frost schützen und – vor allem – hohe Pflanzgefäße. Je höher das Gefäß desto besser, denn Japan-Anemonen entwickeln tiefgründige Wurzeln. Sie beginnen im Sommer mit der Blüte und blühen oft bis in den November. Schön sind die klaren, weißen Schalenblüten der hohen Sorte „Honorine Jobert“. Etwas niedriger ist „Bressingham Glow“. Sie hat halbgefüllte Blüten in warmem, mattem Helllila.
Eine klassische rosarote ist „September Charm“ (keine Angst: blüht bis in den Oktober). Alle Japan-Anemonen wissen halbschattige Standorte zu schätzen und stellen eine exzellente späte Bienenweide dar. Für die Herbstpflanzung besorgt man sich am besten Wurzelschnittlinge von entnervten Gartenbesitzern, die ihre Japan-Anemonen ohnehin reduzieren wollen, und versenkt die Schnittlinge in der Erde.
Gleichermaßen hingebungsvoll von Bienen und Schmetterlingen umschwirrt werden Sonnenhüte. Gemeinsam mit Schafgarben, Japan-Anemonen und Herbstastern – für Balkonkästen besonders Kissen-Astern – gehören sie zu den ausdauerndsten Blühern im Spätsommer- und Herbstgarten. Bei Sonnenhüten wählt man für die Topfkultur eher kleinwüchsige Sorten, die nicht viel höher als einen halben oder Dreiviertelmeter werden.
Die Auswahl ist riesig; ein Klassiker ist die goldgelbe Sorte „Goldsturm“ mit dunkelbraunem zentralem Auge, die sehr lange und üppig blüht und etwa 60 Zentimeter hoch wird. Man kann auch im September noch Sonnenhut-Samen in die Erde geben. Noch leichter ist es, sich einen Ableger von einer Straßenböschung (Sonnenhüte verwildern mit Vorliebe) oder aus einem Garten zu holen.
Wenn es um Herbststauden geht, vergisst man gern die herrlichen Schafgarben-Gartenhybriden mit ihren Doldenblüten, die ewig halten – im Beet und in der Vase –, inzwischen in den flammendsten Gelb-, Rosa- und Rotfarbtönen
als neue Zuchtsorten existieren und auch noch verblüht und von Frostkristallen verziert herrlich aussehen. Mittelhohe Sorten, die circa kniehoch werden, eignen sich am besten für Tröge.
In Kombination mit Gräsern kann man einen Hauch Präriegarten auf Dach oder Balkon bringen. Herrlich hellorange-rotbraun blüht etwa die Sorte „Terracotta“. Eine historische Besonderheit hingegen ist die weiße Sumpf-Schafgarbe (Achillea ptarmica), im Volksmund auch „Wilder Bertram“ genannt. Sie wird circa 70 Zentimeter hoch, blüht von Juni bis November durch, und wenn man ihre Blüten (die es auch in gefülltblütigen Sorten wie „Schneeball“ gibt) schneidet, treibt sie stets aufs Neue wieder aus. Auf sie muss man allerdings wirklich achten – sie darf nämlich nicht austrocknen, was in der Topfkultur nicht immer einfach ist.


