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Kurzbeschreibung des Verlags
Felix Kannmacher wächst mit drei Brüdern im Ostseestädtchen Freiwalde auf. Felix’ Vater, ein strenger Schulmeister, verehrt den Philosophen Immanuel Kant, die Mutter wird von wechselnden Stimmungen und bald auch von Wahnideen beherrscht. Der erste Bruder ertrinkt, der zweite veranstaltet Hahnenwettkämpfe, der dritte zieht freiwillig in den beginnenden Krieg. Felix flüchtet sich ins Klavierspiel – immerhin wurde ihm eine Zukunft als Konzertpianist prophezeit. Das Klavier verstummt, als seine Mutter die Saiten als kriegstauglichen Rohstoff zur Sammelstelle bringt. Felix verschenkt sein Herz an Emilie, die Tochter des Apothekers. Doch auf die hat auch sein älterer Bruder ein Auge geworfen. Felix bleibt nur Emilies widerspenstige Schwester Alma. Kurz vor der Doppelhochzeit nimmt er Reißaus ...
›Eine nie vergessene Geschichte‹ entfaltet das Panorama vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Kriegsende und Flucht 1945. Jan Koneffke zeichnet das Bild einer untergegangenen Welt voller Menschen, die an der Geschichte Schaden nehmen – aber auch an ihren eigenen Vorstellungen. Wie sagte Postkutscher Weidemann immer schon: »Es kommt schlimmer, als es bereits ist.«
Das Wagnis, das Jan Koneffke eingeht, ist groß, denn Bücher dieser Art gab es zuletzt im Dutzend: Familiengeschichten vor dem Hintergrund der großen Geschichte, vorzugsweise der beiden Weltkriege. "Eine nie vergessene Geschichte" handelt von der Familie Kannmacher und ereignet sich im pommerschen Ostseestädtchen Freiwalde. Sie wird erzählt von einem Enkel, der die Leerstellen der Überlieferung ausfantasiert. Auslöser ist der Tod der Großeltern und das Schicksal des Großonkels Felix, der wie dessen Bruder Ludwig einst die Apothekertochter Emilie liebte. Als die sich für Ludwig entschied, blieb für ihn nur deren ältere, schnippische Schwester Alma übrig. Kurz vor der geplanten Doppelhochzeit nahm er Reißaus, schloss sich einem rumänischen Pianisten an und ward nie mehr gesehen. Der Vater der Brüder ist ein Studienrat, der sich mit Kant beschäftigt und sich aus Verzweiflung über das Erstarken der Nazis in sein staubiges Studierzimmer zurückzieht. Die Mutter neigt zu krankhafter Erregung und lässt sich von der nationalistischen Hysterie anstecken. Dass einer ihrer Söhne im Ersten Weltkrieg umkam, will sie nicht wahrhaben und rettet sich in den Wahn.
So bewegt sich diese Familie zwischen den Koordinaten von reiner Vernunft und Irrsinn. Das erzählerische Kalkül ist erkennbar, auch die anderen Figuren sind nicht nur sie selbst, sondern immer auch typische Vertreter bestimmter politischer Strömungen: etwa Onkel Alfred, der in Afrika gegen die Hereros kämpft, sich nach dem Ersten Weltkrieg einem Freikorps anschließt und schließlich ein veritabler, durch und durch fieser Nazi wird.
Trotz ihrer illustrativen Funktion sind Koneffkes Figuren einprägsame, lebendige Gestalten. Die Kraft des Erzählers beweist sich daran, dem festgelegten Programm Freiräume abzutrotzen. Gelegentlich weitet er seinen Realismus ins Mythische und Surreale, wenn er den alten Schäfer, der unbeweglich auf der Weide steht, in einen knorrigen Baum verwandelt oder wenn er eine Kräuterfrau die Zukunft voraussagen lässt. Es sind nicht zuletzt diese irritierenden Elemente, die den süffigen Roman weit über die bloße Historienerzählung hinausheben.