
Die Kunst des Ausruhens und Pausierens
Kirstin Breitenfellner in FALTER 18/2021 vom 05.05.2021 (S. 35)
Lockdown, Ausgangssperre, Osterruhe. Aber statt runterzukommen, befinden sich viele Menschen seit einem guten Jahr in einem rasenden Stillstand, der zu Stressbelastungen, Schlaflosigkeit und Depressionen führt. Insofern kommt das Buch von Claudia Hammond, obwohl im englischen Original vor der Covid-19-Pandemie erschienen, zur rechten Stunde. Es heißt: „Die Kunst des Ausruhens. Wie man echte Erholung findet“.
Wir leben in einem Zeitalter der Selbstsorge, konstatiert die BBC-Journalistin, und doch leiden viele an einem Ruhedefizit. Dabei dient Ausruhen nicht nur unserem Wohlbefinden, sondern auch der Produktivität.
Der Aufbau ihres Buchs orientiert sich an einer Studie, an der 18.000 Menschen in 135 Ländern teilgenommen haben, die eine Top-Ten des Ausruhens erstellten. Diese wird von Hammond im Countdown-Verfahren von Platz zehn bis eins in den Kapiteln „Achtsamkeit“, „Fernsehen“, „Tagträumen“, „Ein schönes heißes Bad“, „Ein langer Spaziergang“, „Nichts Besonderes tun“, „Musik hören“, „Ich möchte allein sein“, „Zeit in der Natur verbringen“ und „Lesen“ abgehandelt.
Sie selbst sei nicht besonders gut im Ausruhen, gibt die Autorin zu. Vielleicht klingt ihr Aufruf, sich zu entspannen, gerade deswegen so glaubwürdig. Ausruhen erfasse alle erholsamen Tätigkeiten, denen wir im Wachen nachgehen, lautet ihre Definition. Aber eigentlich bedeute es eine Pause zwischen zwei Aktivitäten. Beim Ausruhen gehe es nicht nur um den Körper, sondern auch um den Geist, sprich das Geplapper der Gedanken und die Achterbahnfahrt der Emotionen, die man mit Achtsamkeitstraining entschleunigen könne.
Am meisten überrascht hat Hammond, dass Fernsehen es nur auf Platz neun geschafft hat. Sie bricht auf entspannte Weise eine Lanze für diese verpönte Freizeitbeschäftigung. Ihr Buch ist, obwohl es sich manchmal zu sehr an Studien entlanghantelt, leicht zu lesen – und verschafft einem gleichzeitig die Befriedigung, mit Platz eins der Top-Ten, dem Lesen eines Buchs, schon einen großen Schritt in die richtige Richtung getan zu haben.


