

Das Multitalent
Nina Kaltenbrunner in FALTER 41/2020 vom 07.10.2020 (S. 50)
Ein Gericht, das ganz einfach und schnell zubereitet ist, das man x-beliebig variieren kann und das auch noch gut schmeckt, sättigt und glücklich macht? Ja, das gibt es. Eine Freundin von mir hat es unlängst gefunden. Kurz zur Freundin, die an dieser Stelle nicht beschrieben und schon gar nicht mit Bild abgebildet werden möchte, weil: Kochen ist eigentlich nicht so ihr Ding. Hingegen sind ihr gesunde und gute Ernährung sehr wichtig, weshalb sich in der Corona-Lockdown-Not die Anlieferung einer wöchentlichen Gemüsekiste ergeben hat. Vor deren Inhalt stand die Freundin dann zumeist ratlos: „Was ist das? Was mache ich damit?“, lauteten die wöchentlich gestellten Fragen an sich selbst und an andere. Der sogenannte „Eintopf der Woche“ (aka „die ganze Kiste in einem Topf“) war eine durchaus kreative Ausgeburt dieser Ratlosigkeit.
Auf der Suche nach dem passenden Nachschlagewerk stieß die Freundin letztlich auf ein Buch, das Abhilfe schaffte: Nigel Slaters „Tender. Gemüse. Von der Aubergine bis zur Zwiebel“ – eine Ode an Gemüse generell und ein Leitfaden durch die gängigsten Sorten plus zugehörige Rezepte. Und so kam es dann auch, dass der „Eintopf der Woche“ immer raffinierter und abwechslungsreicher wurde, um letzthin sogar in ein konkretes Gericht zu münden: Laksa mit Kürbis.
Das mir zur Verkostung überlassene Restchen reichte aus, um das Gericht als absolut berichtenswert einzustufen. Und das nicht nur, weil der Kürbis gerade Saison hat (aber auch).
Laksa ist, sollte sich das jemand fragen, eine Nudelsuppe auf Basis von Kokosmilch, Suppe und Chilipaste. Sie ist zudem das Nationalgericht Singapurs und gibt mit scharf-süß-säuerlichen Aromen ein Geschmacksfeuerwerk an den Gaumen ab, wärmt, sättigt, schmeckt und macht auf wohlige Art und Weise eben auch glücklich. In der Originalversion sind diverse Gemüse, Fisch und getrocknete Krabben vorgesehen.
Nigel Slater hat unter anderem eben die Variante mit Kürbis erdacht. Wer jetzt denkt: „Kürbissuppe mit Nudeln, strange?“, ist damit nicht alleine, sollte es aber dennoch ausprobieren. Es lohnt sich wirklich. Und weil Slater seine Leser zum Experimentieren ermutigen möchte, sind die Angaben häufig recht allgemein gehalten, wie etwa „Kürbis“.
Meine schälfaule Freundin griff daher blind zu Exemplaren, die man nicht schälen muss. Was sich letztlich aber als sehr gute Entscheidung entpuppte. Nicht nur, dass es dem Gericht ein wenig Biss verleiht, es sieht noch dazu hübsch aus! Die leuchtend orange Farbe des von ihr verwendeten Hokkaido-Kürbisses und die hübschen grün-weißen Streifen des Delicata machen sich aber nicht nur optisch gut, besonders Letzterer gibt mit seinem nussigen, beinahe maroniartigen Noten auch geschmacklich einiges her.
So weit, so gut. Die Kürbisse werden also mit Schale in Stücke geschnitten und gedämpft. Währenddessen bereitet man die essentielle Paste zu, die nur aus wenigen Zutaten besteht und einfacher nicht sein könnte. Danach fährt man wie im Rezept (siehe rechts) beschrieben fort.
Weil Slater schreibt, man könne mit der Basis Paste-Kokosmilch-Suppe beliebig verfahren – und neben, zum Beispiel, Huhn mit Paradeisern, Fisch oder Fleisch, aber auch jedes beliebige Gemüse verwenden –, haben wir verschiedene kleine Melanzaniraritäten, die ebenfalls in der Kiste waren, gemeinsam mit der Paste angebraten in unsere Kürbis-Laksa gegeben. Was, zugegeben, nicht unbedingt empfehlenswert ist, da sich weder die Konsistenz (zu weich) noch der Geschmack optimal in der Suppe und zu den Nudeln machen.
Apropos Nudeln, auch hier lässt die Angabe im Rezept – „getrocknete Nudeln“ – viele Möglichkeiten offen. Während in Asien Reisnudeln weit verbreitet sind, haben wir uns für Bio-Udon-Noodles (aus Weizenmehl) entschieden, die hervorragend gepasst haben.
Nigel Slater hat die Kürbis-Laksa übrigens, wie er in seinen „Kitchen Diaries“ beschreibt, zum ersten Mal in der Bonfire Night 2004 zubereitet. Sie sollte für das damals fehlende Feuerwerk (aufgrund der neuen „Fireworks Regulations“) entschädigen, was sie seiner Meinung auch hinreichend tat. Als „üppig, süß-sauer, fast betäubend heiß und doch so beruhigend”, beschreibt er seine Kreation und ihre Wirkung, was wir nur bestätigen können.
Weiters beschreibt er darin, wie lustvoll es sei, das Rezept zu variieren, ohne dabei seine grundlegenden Eigenschaften zu verändern. Eines sollte die Laksa (laut Slater) dabei aber immer bleiben: nicht langweilig, nicht überladen, sondern ausgewogen.