

Daniela Strigl in FALTER 22/2012 vom 30.05.2012 (S. 36)
Ein Rabbi nimmt vor einem kläffenden Hund Reißaus. Sein Schüler wundert sich: "Rabbi, du weißt doch, in deiner großen Weisheit, dass ein Hund, der bellen tut, nicht beißt." "Gut", erwidert der weise Rabbi, "das weiß ich – aber weiß es auch der Hund?" Solcherart sind die Witze, die Miguel Herz-Kestraneks Vater leidenschaftlich gern erzählte und im Familienkreis durch kreatives Zitieren quasi zur Mehrfachzündung brachte. Auf dem Umschlagbild ist er mit zwei Dackeln zu sehen, ein weiterer aus Glas ziert den Schreibtisch im Vordergrund, darauf liegt aufgeschlagen ein eng bekritzeltes Notizheft: Stefan Herz-Kestraneks (1909–1976) Witzsammlung.
Einst Großindustrieller und als Katholik Mitglied der Heimwehr, musste er sich auf der Flucht vor den Nazis nach Frankreich und Uruguay seiner jüdischen Identität stellen. Im Fundus seiner Lieblingswitze porträtiert der Sohn ihn liebevoll als im Grunde gebrochenen Mann von leiser Melancholie und lächelnder Ironie. Die mannigfach gewürdigte Frau (von) Pollak ist eine Geistesverwandte von Torbergs Tante Jolesch, nur viel blöder. Hörbuch erwünscht!