Schmelzwasser

Eine Assoziationskette möglicherweise ein Roman keine Gebrauchsanweisung für eine Waschmaschine aber fast ein Kochbuch
298 Seiten, Taschenbuch
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ISBN 9783852521985
Erscheinungsdatum 01.01.2010
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Bibliothek der Provinz
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Kurzbeschreibung des Verlags

Das ist eine Geschichte, krumm und gebogen und frei erfunden, wie ja ein Großteil unserer Geschichte heute ver- oder zurechtgebogen, wenn nicht gleich völlig neu erfunden wird. Weder aus Sicht der Künstler, noch aus Sicht der Musikindustrie bzw. deren Mitarbeiter, von der Putzfrau bis hinauf zum Konzernchef, habe ich die geringste Ahnung von mehr oder minder. Was ich schreibe, habe ich gehört, gelesen, geträumt, fantasiert.

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FALTER-Rezension

"Mir geht's super!"

Gerhard Stöger in FALTER 43/2010 vom 29.10.2010 (S. 32)

Sigi Maron singt wieder. Mit 66 zeigt sich die Protestliedlegende wortgewaltig und rotzfrech wie eh und je

Von Sigi Marons knallrotem ­T-Shirt lacht Karl Marx, der eine Che-Guevara-Mütze trägt. Der Liedermacher erfüllt auch sonst das Bild, das man von ihm hat: Er spricht schnell und viel, verkneift sich keinen Kraftausdruck und schimpft leidenschaftlich auf Gott und die Welt – teilweise heftiger als das Mediengesetz erlaubt (einige Passagen wurden deshalb redaktionell geschwärzt). Maron zeichnet sich aber nicht nur durch herben Charme, sondern auch durch eine große Herzlichkeit aus.
Das neue Album, "Es gibt kan Gott", beendet das lange krankheitsbedingte Schweigen des Sängers; das seit Jahren angekündigte Buch "Schmelzwasser" ist auch endlich fertiggeworden. Das Gespräch fand im Atelier von Marons Tochter, der Malerin Nina Maron, statt.

Falter: Herr Maron, wie geht es Ihnen?
Sigi Maron: Mir geht's super! Wegen einem Aneurisma in der Aorta durfte ich seit 1996 nicht mehr singen. 2007 habe ich mich operieren lassen, ansonsten hätte ich nur mehr ein paar Monate gehabt. Leider gab es eine Komplikation, deshalb bin ich statt vier Wochen fünf Monate im Krankenhaus gelegen, ein paar Wochen davon auf der Intensivstation. Aber dann hieß es, dass ich wieder spielen kann.
Die Tortur hat sich also ausgezahlt?
Maron: Sagen wir so: In Relation zu dem, wie ich mit zwölf Jahren Polio gekriegt hab, sind fünf Monate für mich eh ein Lercherlschaß. Da war ich nämlich eineinhalb Jahre im Krankenhaus, davon sechs Monate in der Eisernen Lunge. Das ist eine ganz andere Erfahrung. Auf der Intensivstation bist du meistens weggetreten, während du in der Eisernen Lunge alles bewusst erlebst, dich aber nicht rühren kannst.
Ihr neues Buch, "Schmelzwasser", spielt im Krankenhaus. Es liest sich stellenweise wie ein Fiebertraum, Sie kombinieren einen Krimi mit ­Bezug zur Musikindustrie mit einer Aneinanderreihung von Assoziationsketten.
Maron: Ich gebe zu, dass es ein bisschen schwierig zu lesen ist. Aber ich habe noch nie Wert darauf gelegt, dem Publikum zu gefallen, sondern ich habe immer das gemacht, was ich für mich als notwendig empfunden habe. Das war meine Art, mit dem Leben fertig zu werden. Mein Vater hat gesagt: "Bub, wenn du nicht im Rollstuhl hocken würdest, wärst du schon längst ein Terrorist!" Und ich schwöre, das wäre ich wirklich geworden.
Woher kommt diese Wut?
Maron: Ich bin mit zehn ins Kloster gekommen, weil meine Mutter dem lieben Gott im Krieg versprochen hatte, dass der erste Bub Priester wird, wenn der Papa halbwegs gesund wieder heimkommt. Das hat sie mir mit der Muttermilch eingegeben, und ich habe mir auch sehr früh schon eine Pfarrersköchin ausgesucht. Allerdings waren wir sexuell noch nicht sehr aktiv, ein bisschen Doktorspielen halt. Durch die Polio war es damit dann vorbei. Im Krankenhaus habe ich von einem ganz tollen Pfleger kiloweise Bücher bekommen, darunter sehr viel Antikriegsliteratur. Erich Maria Remarques Flüchtlingsgeschichte "Arc de Triomphe" hat mich extrem bewegt. Seit der Zeit weiß ich, dass man den anderen helfen muss, dass man keinen alleine lassen darf und dass man immer aufseiten der Schwachen stehen muss.
Sie haben das auch im Elternhaus mitbekommen?
Maron: Wir sind im Geiste der sozialistischen Geschwisterlichkeit erzogen worden. Unser Vater war zwar bei den Sozialdemokraten, zu uns hat er aber immer gesagt: Buben, wenn ihr groß seids, tuts immer kommunistisch wählen und nehmts Pitralon. Beides mache ich bis heute.
Wie haben Sie als Kommunist das ­Ergebnis der Wiener Wahl verkraftet?
Maron: Ich habe mich geärgert, dass die KP wieder nicht mehr als 1,2 Prozent bekommen hat. Der Rest hat mich nicht überrascht, nur bei den Grünen hätte ich etwas mehr erwartet. Aber gut, wenn man aus rein persönlichen Animositäten Splittergruppen bildet, wie die Linke das seit Jahrzehnten macht – ich kommentiere das nicht mehr, dazu bin ich zu alt.
H.-C. Strache wird vor allem von den sogenannten einfachen Leuten gewählt.
Maron: Das ist schon richtig.
Jener Klientel also, für die Sie immer gesungen haben.
Maron: Das ist auch richtig.
Was ist denn da schiefgelaufen?
Maron: Ein wesentlicher Grund liegt in der Medienmacht der Krone, in der es immer wieder eindeutig faschistische Berichterstattung gab – wurscht, ob es jetzt um Ausländer, Kriminelle oder sonst wen ging. Darum habe ich so einen Hass auf die Krone und diese anderen Scheißhauszeitungen wie Heute. Durch sie wird die Welt nicht nur dumm gehalten, sondern noch dümmer gemacht.
Wird Rot-Grün kommen?
Maron: Ich sehe keine andere Alternative. Diese Frau mit den Winden, mit der kann man doch bitte keine Koalition machen! Mit den Grünen deckt sich die SPÖ in der Migrationspolitik so halbwegs, während Marek eine Vertreterin der Ansichten von Frau Fekter ist.
Die Innenministerin ist eine ganz ­spezielle Freundin von Ihnen?
Maron: Achtjährige Kinder in der Früh mit bewaffneten Cobra-Männern aus dem Bett zu reißen, abschieben zu lassen und dann auch noch zu sagen: "Recht muss Recht bleiben" – das sind doch Verbrecher! "Rechts muss rechts bleiben" müsste es heißen, dann würde es stimmen. Wenn ich die Frau Fekter im Fernsehen sehe, denke ich mir, die muss gerade der Adolf Hitler ausgekotzt haben.
So schlimm ist es?
Maron: Ja, so schlimm ist es. Und schuld an der ganzen Misere ist der Schüssel, dieses schwarze Hurenvieh, denn der hat die FPÖ salonfähig gemacht. Seitdem geniert sich keine Mitte-rechts-Partei in Europa, mit den ganz Rechten im Bett zu liegen. Dadurch entsteht eine Asylpolitik, die zum Kotzen ist. Das ist die eine Sache, die andere ist das Thema Migration. Natürlich kann man unter sich bleiben, bis man ausstirbt. Wenn man das nicht will, muss man die Migration akzeptieren, gleichzeitig aber auch versuchen, die Leute, die aus fernen Ländern hierherkommen, auch zu integrieren.
Was in der Vergangenheit wohl auch in Wien zu wenig gemacht wurde.
Maron: Wenn jemand hierherkommt, hat er unsere Gesetze zu beachten, die wir uns gegen die katholische Kirche erfochten haben. Da gibt es keine Scharia, da kann er zehnmal gläubiger Moslem sein, das interessiert mich einen Scheißdreck. Das ist das Erste. Das Zweite ist, dass die Leute ja hoffentlich interessiert sind, die deutsche Sprache zu lernen. Dass trotzdem Parallelgesellschaften entstehen, ist auf der ganzen Welt so.
Angela Merkel hat gerade erklärt, dass Multikulti in Deutschland gescheitert ist.
Maron: Die Alte hat einen Poscher, so wie die Rechten halt generell poscherös sind. Österreich ist das Multikulti-Paradebeispiel. Schon lange vor den Ziegelböhm' sind aus der ganzen Habsburgermonarchie Menschen nach Österreich eingewandert. Selbst in Tirol hat es Menschen gegeben, die nicht seit Jahrhunderten von Geburt an Tiroler waren!
Gegenwärtig klappt es mit dem ­Verschmelzen wohl nicht wie früher.
Maron: Ja, aber das liegt doch an beiden Seiten. Meine Tochter wohnt auch in einem Gemeindebau mit vielen Türken. Die kommen durchaus miteinander aus, nachbarliche Gefühle entstehen aber nicht wirklich. Als die sogenannten Gastarbeiter aus Jugoslawien zu uns gekommen sind, war es ähnlich. Funktioniert hat es erst, als sich die Menschen mehr kennengelernt haben. Was fehlt, ist die Kommunikation: Reden, reden, reden! Wenn ich verpflichtende Deutschkurse verlange, verlange ich erstens, dass die nichts kosten, und zweitens schicke ich Österreicher gleich dazu. Es tut ja nicht weh, ein paar Brocken Türkisch aufzuschnappen!
Wie passt die gemütliche Reggae­begleitung Ihres neuen Albums zu den weniger gemütlichen politischen Texten?
Maron: Man kann einen Text mit aggressiver Musik unterlegen, um ihn zu verstärken, man kann aber auch das Gegenteil machen. Diese Heimtücke wohnt mir immer schon inne, wahrscheinlich habe ich das vom Gerhard Bronner. Man muss einen bösen Text so lieblich verpacken, dass die Wappler zuerst gar nicht merken, worum es geht.
Warum wurden Sie trotz dieser ­lieblichen Verpackung einst kaum im Radio gespielt?
Maron: Weil ich mich immer politisch deklariert habe, und weil ich auch immer meinen Proletenspruch hatte. "Sie haben dem Volk alles genommen, nur die Sprache kann man dem Volk nicht wirklich nehmen", hat Peter Turrini einmal gesagt. Was auch nicht mehr stimmt, denn heute reden die Kids so wie die im kommerziellen Fernsehen und nicht mehr so, wie ihnen das Maul gewachsen ist.
Stimmt die Geschichte, dass Sie ­Anfang der 80er wegen Ihrer Protestaktion, dem ORF vor die Funkhaustür zu urinieren, eine Nacht in der ­Psychiatrie verbracht haben?
Maron: Natürlich. Daraus ist dann das Lied "Ziaglroda Pavillon" entstanden. Der Funkhausportier hat damals die Polizei gerufen. Die wussten nicht, was sie mit mir machen sollten, und haben den Amtsarzt geholt. "Na, was soll denn ich tun", hat der gemeint. "Geh, weisen wir ihn ein!" Der aufnehmende Arzt hat gleich gesagt, dass ich nicht betrunken bin und dass mein Geisteszustand klar ist. Nur durfte er mich im Nachtdienst nicht alleine entlassen. Das Ärzteteam hat mich dann für zurechnungsfähig erklärt und gesagt, ich soll wieder hinbrunzen.
Sie haben politisch bewegte ­Zeiten erlebt und mitgeprägt, waren in der Anti-AKW- und in der Friedensbewegung aktiv. Wo ist heute der Veränderungswille?
Maron: Die Menschen sind heute eher damit beschäftigt, halbwegs über die Runden zu kommen und ihre Existenz zu sichern, als sich gegen das zu wehren, was ihnen geschieht. In Ländern wie Frankreich ist das anders, aber wir haben nie eine Kultur des Widerstands gehabt. Auch das 68er-Jahr ist an uns zwar nicht ganz, aber doch fast spurlos vorbeigegangen. Wobei die Grünen in ihren Anfängen dann viel bewirkt haben. Ebenso wie die SPÖ bräuchten sie sich nur selbst an den Haaren zu nehmen und zu sagen: Jössas na, was haben wir alles angestellt? Besinnen wir uns unserer Werte und auf das, was wir den Menschen wirklich sagen wollen. Dann werden sie auch wieder Wahlerfolge haben.
Im neuen Lied "Des Glück ist a ­Fogerl" greifen Sie den bekannt klage­freudigen Glücksspielkonzern ­Novomatic an. Ist die Anzeige schon bei ­Ihnen eingetroffen?
Maron: Na, da warte ich drauf, ich nehme jede Publicity gerne an! Auf Novomatic bin ich durch den Artikel von Florian Klenk gekommen, für den der Falter ja auch geklagt wurde. Das hat mich so betroffen, weil alles völlig wahr ist. Ich habe dann selbst recherchiert und empfohlen bekommen, die Finger davon zu lassen. Dann habe ich gesagt: Jetzt erst recht! Was ich im Text behaupte, kann niemand widerlegen.
Wie viele Prozesse hatten Sie in Ihrem Leben schon?
Maron: Nicht viele. Vier oder fünf, in erster Linie wegen Ehren­be­lei­di­g­ung.
Das neue Album heißt "Es gibt kan Gott". Wäre die Welt ohne Götter eine bessere?
Maron: Die monotheistischen Glaubensrichtungen gehören alle verboten. Jeder kann glauben, was er will, aber wenn einer meint, dass nur er den alleine seligmachenden Glauben hat und das mit Feuer und Schwert zu verbreiten versucht – weg damit!
Waren die christlichen Zehn ­Gebote nicht eine wichtige frühe Form­, ­zivilisiertes Zusammenleben zu organisieren?
Maron: Da kann ich nur lachen. Sogar die Affen, von denen wir erwiesenermaßen abstammen, haben eine Art von Zivilisation. Genau so ist es mit anderen Tieren, die haben ihre eigenen Regeln, um in der Gruppe zu leben. Dafür brauche ich keine zehn Gebote.
Verfolgen Sie, was jüngere ­österreichische Musiker an politisch motivierten Liedern schaffen?
Maron: Na schon! Als wir damit in den 70ern begonnen haben, war die Stimmung halt eine andere. Heute wirst du nicht nur nicht gespielt, du hast auch kaum Auftrittsmöglichkeiten, weil die kleinen Vereine alle weg sind. Heute müsstest du dich in Wahrheit wieder auf die Straße setzen und dort spielen. Was du aber nicht darfst, weil sie dir sofort mit dem Bettelparagrafen kommen und dich verhaften.
Mit Attwenger sind Sie schon gemeinsam aufgetreten, oder?
Maron: Natürlich, die kenne ich seit ihren Anfängen. Gustav kenne ich auch, die habe ich beim Fest des politischen Liedes am Attersee gesehen. Die ist super, die Frau. Aber das Problem ist halt: Breite musst du erreichen, und das ist heute viel, viel schwieriger als früher.
Was taugt Ihnen an Gustav?
Maron: Ihr Selbstbewusstsein. Sie ist unheimlich stark und macht genau das, was sie machen will, unbeeinflusst von kommerziellen Überlegungen. Ich hasse Mainstream. Alles, was dagegenschwimmt, ist super. Gustav ist da unvergleichbar. Wenn ich dagegen Anna F. nehme, dieses Erzeugnis von Red Bull, dann sind das zwei gigantisch unterschiedliche Welten. Das eine ist was, und das andere ist ein Werbeschmäh.

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