Unter dem Feigenbaum

352 Seiten, Hardcover
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Reihe Transfer Bibliothek
ISBN 9783852567495
Erscheinungsdatum 28.08.2018
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Folio
Übersetzung Klaus Detlef Olof
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Folio Verlag
Pfarrhofstraße 2d | IT-39100 Bozen
office@folioverlag.com
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Kurzbeschreibung des Verlags

Ein Baum, ein Haus, Menschen darin: eine berührende Familiensaga über den Verlust von Heimat und Neubeginn.
Über ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit Jadrans Großvater nach Istrien kam und dort eine Familie gründete. Nun ist er tot, und auch Jadrans Vater hat nach Ausbruch des Bosnienkrieges die Familie verlassen. Mit dem Besuch im Haus des Großvaters beginnt die Suche des jungen Mannes nach der eigenen Identität und führt ihn unweigerlich in die Wirren auf dem Balkan. Der Zerfall des Staates und dessen neue Grenzen haben auch die Familienbande zerschnitten. Einzig der Feigenbaum im Garten seines Großvaters scheint alle Stürme unbeschadet überstanden zu haben.

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FALTER-Rezension

Schwelende Zwietracht unter Schwestern

Sigrid Löffler in FALTER 41/2018 vom 10.10.2018 (S. 7)

Goran Vojnović folgt den ethnischen Verwerfungen Post-Jugoslawiens bis in die familiären Verästelungen

Niemand würde es dem jungen slowenischen Autor Goran Vojnović verübeln, wenn er mit den archaischen Stammesfeindschaften und ethnischen Säuberungen, die in den 1990er-Jahren den Vielvölkerstaat Jugoslawien zerstörten, nichts mehr zu tun haben wollte. Vojnović, 1980 in Ljubljana geboren, war noch ein Kind, als Slowenien sich für unabhängig erklärte und damit den Anstoß gab für den Zerfall Jugoslawiens in lauter verfeindete Teilstaaten. Seine Generation weltoffener junger EU-Bürger blickt nach Europa, wo ihre Zukunft liegt. Was gehen sie die finsteren jugoslawischen Urfehden und Blutmythen an, mit denen die ältere Generation die Völker auf dem Balkan vergiftete?

Goran Vojnović sieht das anders – zum Glück für die Literatur. Ihn bedrückt und bedrängt die Vergangenheit. Er spürt, dass die Wahnidee ethnischer Stammesreinheit in den Köpfen der Älteren immer noch weiterwirkt und ebenso wie die ungesühnten Kriegsverbrechen das Zusammenleben auf dem Balkan ruiniert.

Was ihn in seinen bisher drei Romanen umtrieb, ist die Frage: Woher kommt dieser ethnische Hass und wie wirkt er sich in den Staatsvölkern und in den einzelnen Familien bis heute aus? In „Unter dem Feigenbaum“ sucht Vojnović erneut eine Antwort. Er entwirft ein großes historisches Panorama und orientiert sich dabei erkennbar an seiner eigenen komplexen Familiengeschichte. Die schiere Anzahl des Personals und die Masse des Stoffes machen dem Autor allerdings zu schaffen. Er ringt mit der Organisation seines ausufernden Materials, greift bis in den Zweiten Weltkrieg zurück und erzählt von einer weitverzweigten Familie in Ljubljana, in der sich die unterschiedlichsten ethnischen Herkünfte mischen.

Man versteht sich als slowenische Familie, auch wenn man ursprünglich aus der serbisch-ungarischen Vojvodina stammt, jüdische und ukrainische Vorfahren hat und zudem einen angeheirateten bosnischen Schwiegersohn. Der Roman zeigt: Ethnische Mischungen, nicht ethnische Reinheit sind die gelebte Norm.

Das Stammhaus der Familie, vom Großvater Aleksandar eigenhändig neben dem titelgebenden Feigenbaum gebaut, liegt in Nord-Istrien an der slowenisch-kroatischen Grenze, in einem ursprünglich italienischen Dorf, aus dem die ansässige Bevölkerung 1945 vertrieben wurde.

Als sich Slowenien 1991 zum unabhängigen Staat erklärt, liegt das Anwesen plötzlich im Ausland: in Kroatien. Das großväterliche Haus ist das heimliche Zentrum des Romans, das Bild des unermüdlich Früchte tragenden Feigenbaums prägt die Geschichte.

Die längste Zeit bereitet die multiethnische Herkunft der Familienmitglieder keinerlei reale Probleme. Sie ist den Familienmitgliedern zwar unterschwellig bewusst, kommt aber nur gelegentlich zur Sprache, etwa in Form innerfamiliärer Hänseleien zwischen dem slowenischen und dem bosnischen Schwiegersohn.

Doch kaum hat sich Slowenien als Staat selbständig gemacht, wird die Frage der Abstammung plötzlich virulent, vergiften Nationalismen das Klima, spalten Abstammungskonflikte die Gesellschaft. Ethnische Reinheit steht nun im Zentrum der Identitätspolitik des jungen Staates, die falsche Herkunft kann zum lebensgefährlichen Problem werden. Auch innerhalb der Familie wird die Frage des „echten“ Slowenentums auf einmal zum Anlass erbitterter Auseinandersetzungen.

Erzählt wird „Unter dem Feigenbaum“ aus der Perspektive von Aleksandars Enkelsohn Jadran, der wie auch der Autor selbst ein Schriftsteller Mitte 30 ist. Der Tod des Großvaters ist für ihn der Auslöser, um Herkunft und Geschichte seines buntscheckigen Clans zu erforschen und sich damit auch die Frage nach der eigenen Identität zu stellen.

Was dem Ich-Erzähler vor allem zu schaffen macht, sind die irritierenden Leerstellen und Lücken in der Geschichte der Familien. Drei ihrer Angehörigen sind zu unterschiedlichen Zeiten abrupt fortgegangen und eine – ohne jede Erklärung – eine Zeitlang weggeblieben. Warum etwa verschwand Jadrans Großvater in den 1970er-Jahren für ein Jahr nach Ägypten? Warum hat Jadrans bosnischer Vater es zugelassen, dass der junge Staat Slowenien ihn ausbürgerte, wo er doch durch Heirat de facto slowenischer Bürger war? Und warum verschwindet Jadrans Ehefrau und lässt diesen mit den Zweifeln über die Gründe ihres Fortgehens allein? In dieser Familie wird viel geschwiegen und nur wenig aufgearbeitet oder erklärt. Letztendlich bleiben die Beweggründe ihres Handelns rätselhaft.

Am Ende hat Jadran das Gefühl, in seinem Bestreben gescheitert zu sein: Die Lücken in der Familiengeschichte wollen sich nicht schließen lassen. Das Schreiben aber ist, so vermutet dieser Romancier im Roman, eine große Verschwörung zur Sinnstiftung, um dem Chaos eine Ordnung abzutrotzen und den Zufällen einen Sinn aufzuzwingen.

Jadran betrauert seinen jüdisch-ukrainischen Großvater, der schuldbewusst an der Seite seiner dementen Ehefrau ausharrte und seine unerfüllten Freiheitsträume in sich begrub. Und er betrauert das Lebensunglück und die Entwurzelung seines Vaters, den die falsche Herkunft zwang, auf bosnischer Seite gegen seine Wahlheimat Slowenien zu kämpfen, und der sich danach 20 Jahre lang trostlos in der bosnischen Hinterwelt verkroch.

Die Vergangenheit liegt wie Mehltau auf dieser Familie. Und es bleibt fraglich, ob sich der Enkel davon befreien wird können.

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