
Heilger Bimbam!
Daniela Strigl in FALTER 50/2005 vom 14.12.2005 (S. 69)
Dort, wo Krokodile nach dem Plan der Schöpfung (oder den Resultaten der Evolution) leben, schneit es eher selten. Der Titel lässt Skurriles, ja Bizarres vermuten, schließlich haben wir es mit Schweizer Literatur zu tun. Tatsächlich erzählt Monique Schwitter aber fast durchwegs realistische Geschichten, bizarr erscheinen vielleicht manche Konstellationen und Situationen: "Menschen und Tiere, das sind die Sujets, die mich interessieren", verkündet die Autostopperin, die die Katzen- und Hundeleichen fotografiert, mit denen die Straße gepflastert ist.
Menschen und Tiere: Da ist der Untermieter mit dem Hund; seine Freundin kommt ihm abhanden, die Erzählerin, die ihr sehr ähnlich schaut, verbringt mit ihm einen Abend in rätselhafter Nähe. Da ist Betty, die so wunderbar von zwei Liebenden in Damaskus erzählt und so schöne, beredte Füße hat, dass eigentlich diese der Zuhörerin die Geschichte erzählen. Da ist der Mann, der unbedingt einmal nach Wien ziehen will, "eine Herausforderung. Eine Großstadt eben", und vor lauter Reden ganz darauf vergisst, sein Rendezvous-Gegenüber, das wiederum einen anderen Mann im Kopf hat, anzusehen.
Schwitters Erzählungen haben einen eigenwillig ruppigen Ton, sie sind präzis und auf eine lässige Weise lückenhaft, komisch und mitunter sehr ernst - wie etwa diejenige über die Kunst, einen Säufer zu baden. Alles dreht sich um unvollendete oder nie stattfindende Begegnungen, Momente der Offenheit und des Versprechens. "Wenn's schneit beim Krokodil" - so verabredet man sich bei Monique Schwitter im Zoo.