Was kommt

Roman
184 Seiten, Hardcover
€ 19
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783854207528
Erscheinungsdatum 12.01.2009
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Literaturverlag Droschl
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Literaturverlag Droschl
Stenggstraße 33 | AT-8043 Graz
office@droschl.com
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Von den zahllosen Lebenden und Toten, die Wien bevölkern, hebt Thomas Stangl in seinem dritten Roman zwei Personen heraus: Emilia, 17, die wir im Sommer 1937 kennenlernen, am Vorabend der historischen Katastrophe, und Andreas, den Pubertierenden, der vierzig Jahre später, Ende der 70er Jahre, wie Emilia allein mit seiner Großmutter lebt und ebenfalls in eine private? politische? Katastrophe gerät. Geschichte ist nicht nur das, was sich schon ereignet hat, 'Geschichte heißt, das kommt erst', schreibt Thomas Stangl. Für seinen Roman bedeutet das, dass sich verborgene Motive, kaum merkliche Anklänge, Wiederholungen, Blicke, ja auch Menschen quer durch das Buch und die Zeiten ziehen, das Wiedergänger-Motiv, Elemente der Gespenstergeschichte spielen schon in Ihre Musik eine gewisse Rolle (wie wir auch Emilia Degen schon aus diesem Roman kennen, als die ältere der beiden Frauen). In überwältigenden, auch schockierenden Bildern hält Stangl das fest, was sich der Beschreibung – zumindest in der gegenwärtigen Literatur – entzieht und wofür wir höchstens den Film als zuständig erachten: er schafft Räume des Übergangs, der Unschärfen, der Ahnungen und Déjà-vus, Räume für die Lebenden und die Toten, die Geschichte und ihre Opfer, Sterben und Verschwinden, Wirklichkeit und Traum. Thomas Stangls Sätze sind ein Rausch der Wahrnehmung, der die Grenzen zwischen Innen und Außen auflöst und eine befreiende Wirkung hat wie wenige Bücher, ein barock-romantisches Meisterwerk. Der immer gegenwärtige Alptraum der Geschichte und der Skandal des Todes: ein literarisches Meisterwerk.

Mehr Informationen
ISBN 9783854207528
Erscheinungsdatum 12.01.2009
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Literaturverlag Droschl
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Literaturverlag Droschl
Stenggstraße 33 | AT-8043 Graz
office@droschl.com
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Eisschollen treiben durch die Prater Hauptallee

Klaus Nüchtern in FALTER 9/2009 vom 25.02.2009 (S. 30)

Nach einem Ausflug nach Timbuktu, den Thomas Stangl in seinem Debüt "Der einzige Ort" (2004) an der Seite zweier Forschungsreisender der 1820er-Jahre unternommen hatte, kehrte er zwei Jahre danach mit "Ihre Musik" in seinen Heimatbezirk zurück, der auch Schauplatz seines jüngsten Romans ist. Für einen Ausschnitt aus "Was kommt" wurde er 2007 beim Bachmann-Wettbewerb mit dem Telekom-Austria-Preis (quasi Platz zwei) ausgezeichnet.

Es riecht sehr unschick im Karmeliterviertel: nicht nach feiner Ethnoküche, sondern nach Kohl und Kohle, Essig und Urin. Das lässt sich natürlich mit der Zeit der Handlung begründen: Der Roman spielt im Jahr 1937 beziehungsweise in den 70er-Jahren. Die Sache hat nur einen Haken: Stangl glaubt nicht an die Zeit, wie wir sie kennen: So hartnäckig wie der Kohl(en)gestank halten sich auch andere Dinge, und der ganze Roman ist eine einzige Opposition gegen die Auffassung, dass das schiere Fortschreiten der Zeit auch schon als Fortschritt anzusehen wäre: "Wie seine Großmutter lebt, so leben die alten Leute seit Jahrzehnten und Jahrhunderten", heißt es da etwa aus Sicht des Mittelschülers Andreas Bichler, dessen, nun ja, Biografie der Erzähler mit jener der 17-jährigen Emilia Degen verschränkt, die im Sommer 1937 das vaterländische Vorspiel zur Machtübernahme der Nazis erlebt und – wie man aus "Ihre Musik" weiß – auch noch Jahrzehnte später mit ihrer todkranken Tochter im Karmeliterviertel leben wird.
Als "Erzählessay" hat Sibylle Kramer in der Frankfurter Rundschau Stangls Debüt bezeichnet, und das trifft es ziemlich gut: Als plotgetrieben kann man auch "Was kommt" beim besten Willen nicht bezeichnen. Statt Handlungsstränge zu entwickeln und zu verknüpfen, arbeitet Stangl mit Konstellationen und Korrespondenzen, mit Zooms und Freeze Frames – Verfahren also, die Momente aus dem Fluss der Zeit schneiden.
Das Verb "ausschneiden" gelangt überhaupt auffällig oft zum Einsatz: Es verweist darauf, dass es abseits des Bild- und Leinwandrandes (die Bezugnahmen auf den Film sind zahlreich!) noch weiter geht. Die Totalität vermag niemand zu erfassen, aber man kann zumindest eine Ahnung davon vermitteln. Immer wieder fährt die Kamera des Stangl'schen Kopfkinos durch die Straßen und Zimmer, taucht ab ins Wasser, wo sich die ganze Pfahlstadt eines subaquatischen Venedigs befindet und eine jener Topografien imaginierten Selbstverlustes bereitstellt, der die beiden Protagonisten bedürfen: "Der Trost einer Welt, in der sie selbst nicht vorkommt".

Der kleine Gestörte und die spinnerte Frau Doktor aus dem dritten Stock – wie es aus der Nachbarn- und Hausmeisterperspektive heißt – leben beide mit ihrer Großmutter zusammen. Das ist die vordergründige Gemeinsamkeit. Während der Bub unter seinen Klassenkollegen (mit daktylisch-trochäischer Wucht immer wieder aufgerufen: "Adamek, Berger, Kernberger, Tröstl") sein Gymnasiastenelend erträgt und nur auf Flucht und Selbstverleugnung sinnt, erahnt Emma im Kreise junger Intellektueller etwas von Widerstand und Freiheit.
Der Roman selbst hingegen steht dem Pathos politischer Utopien skeptisch gegenüber. Dem Angriff der Gegenwart auf alle übrige Zeit wird durch Vergegenwärtigung des Vergangenen begegnet: Noch immer treibt das Hochwasser Eisschollen durch die Prater-Hauptallee.
"Nichts, was sich jemals ereignet hat", schreibt Walter Benjamin in seinen berühmten Thesen "Über den Begriff der Geschichte", sei "für die Geschichte verlorenzugeben". Dem würde Stangl wohl zustimmen – bei ihm heißt es so: "Das ist nicht aus und vorbei, das kommt erst."

weiterlesen